KG Berlin zur Pflicht der Bereitstellung deutschsprachiger AGB durch Whatsapp

Das KG Berlin hat mit Urteil vom 08.04.2016 (Az.: 5 U 156/14) entschieden, dass Whatsapp verpflichtet ist, im Kontext eines Whatsapp-seitig in deutscher Sprache und auf den deutschen Markt gerichteten Internetangebots verwendete Allgemeine Geschäftsbedingungen in deutscher Sprache zur Verfügung zu stellen.

Sachverhalt

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband – e.V. (VZBV) hatte Whatsapp auf Basis des UKlag unter anderem wegen der Verwendung englischsprachiger AGB im Rahmen eines auf den deutschen Markt gerichteten und im Wesentlichen in deutscher Sprache gehaltenen Internet-Auftritts auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Der insoweit neben weiteren Beanstandungen geltend gemachte Anspruch war vom Landgericht Berlin zurückgewiesen worden. Mit seiner Berufung verfolgte der VZBV seine geltend gemachten Unterlassungsansprüche weiter.

Entscheidung

Im Ergebnis hat das Kammergericht die Entscheidung der Vorinstanz insoweit aufgehoben und die geltend gemachten Unterlassungsansprüche zuerkannt.

Nach Auffassung des Senats habe die Vorinstanz einen Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen Verwendung fremdsprachiger AGB ohne Vorhalten einer deutschen Übersetzung in ihrem- Internetauftritt zu Unrecht verneint. Ein solcher Anspruch folge nach Auffassung des Senats aus § 1 UKIaG wegen Verwendung von nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksamen AGB.

Gemäß § 307 Abs. 1 BGB sind AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, wobei sich eine unangemessene Benachteiligung daraus ergeben kann, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

Vorstehende Voraussetzungen sah das KG Berlin im Streitfall als erfüllt an. So wie sich der konkret in Rede stehende Internetauftritt der Beklagten darstelle, ziele dieser auf die breite Allgemeinheit im Inland ansässiger Verbraucher ab und spreche diese durchweg in deutscher Sprache an und erkläre beispielsweise anhand einer deutschen Beispielstelefonnummer wie der sog. „Verifizierungsprozess“ erfolge. Der Link zu den im konkreten Streitfall streitgegenständlichen Bestimmungen werde ebenfalls in deutscher Sprache bezeichnet, nämlich „Datenschutz und AGB“.

Vor diesem Hintergrund müsse und könne ein Verbraucher (ohne Anklicken des Links) nicht damit rechnen, fremdsprachigen AGB, und zwar im Streitfall einem umfangreichen, komplexen Regelwerk von „sehr, sehr vielen Klauseln“ ausgesetzt zu sein. Alltägliches Englisch möge verbreitet sein; für juristisches, vertragssprachliches und überhaupt kommerzielles Englisch gelte dies aber nicht. Daher seien sämtliche Klauseln dieses Regelwerks, solange sie nicht ins Deutsche übersetzt würden, von vornherein und ungeachtet ihres eigentlichen Inhalts als intransparent und alle Verbraucher (abgesehen von solchen mit englischen Muttersprachkenntnissen bzw. besagten fachsprachlichen Kenntnissen) treuwidrig benachteiligend zu beurteilen.

Anmerkung

Die Entscheidung des Kammergerichts erscheint konsequent. Wenn sich ein Anbieter mit seinem Angebot bzw. Internet-Auftritt an Verbraucher in Deutschland richtet und entsprechende Angebote bzw. einen diesbezüglichen Internet-Auftritt im Wesentlichen in deutscher Sprache gestaltet, ist es dem Anbieter verwehrt, die rechtlichen Vorgaben für die Nutzung entsprechender Angebote in englischer Sprache auszugestalten (vgl. auch LG Essen, Urteil vom 31. Mai 2012 – 44 O 77/10 zu Pflichtinformationen im fernabsatzrechtlichen Kontext sowie LG Köln, AG Köln, Urteil vom 24.- September 2012 – 114 C 22//12 zu Tarifbedingungen bei Flugreiseangeboten).

Anders wäre der Fall wohl zu beurteilen, wenn sich ein Anbieter an deutsches Publikum mit einem insgesamt in englischer Sprache gefassten Internetauftritt richtet. In einer solchen Konstellation sind ersichtlich nur solche Adressaten angesprochen, die der englischen Sprache mächtig sind, so dass eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB allein wegen der Verwendung englischer Sprache (auch) für AGB (und wohl auch sonstige etwaige Pflichtinformationen) nicht in Betracht kommen dürfte.

Namentlich internationale Anbieter, die über ihr Internet-Angebot auch deutsche Verbraucher ansprechen möchten, haben insoweit vergleichsweise klare Leitlinien zu beachten: Wenn der Internet-Auftritt gerade wegen der Ansprache deutscher Verbraucher im Wesentlichen in deutscher Sprache gefasst wird, sind auch rechtlich relevante Hinweise und Bedingungen in deutscher Sprache bereitzustellen. Sofern sich ein (international) agierender Anbieter die Mühen einer Übersetzung von rechtlich relevanten Informationen und Bedingungen ersparen möchte, bleibt ihm lediglich die Möglichkeit der Bereitstellung eines insgesamt englischsprachigen Dienstes – ob dies unter Vermarktungs- bzw. Absatzgesichtspunkten zielführend ist, sei im Verbraucherbereich dahingestellt.