Kein Nachweis rechtserhaltender Markennutzung durch schlichte Vorlage von Lizenzverträgen

In seinem Urteil vom 04.04.2019 (Az. 6 U 96/18) hat sich das OLG Frankfurt a. M. im Rahmen eines Löschungsverfahrens wegen Verfalls u. a. mit den Anforderungen an die Darlegung der rechtserhaltenden Benutzung einer Marke gem. § 26 MarkenG auseinandergesetzt.

Sachverhalt

Die Klägerin hat gegen vier Wort-/Bildmarken der Beklagten Löschungsklage wegen Verfalls eingereicht. Die angegriffenen Wort-/Bildmarken enthalten als Wortbestandteil die Wortkombination „You & Me“. Der Beklagte betreibt über seine Webseite einen Onlineshop, über welchen er hauptsächlich Bier anbietet. Darüber hinaus betreibt er unter dem Unternehmenskennzeichen „You & Me“ ein Ladengeschäft, in welchem er unterschiedliche mit seinen Marken gekennzeichnete Waren anbietet. Zudem schloss er Lizenzverträge mit Dritten zur Nutzung der Marken ab.

Das LG Frankfurt a. M. hatte die angegriffenen Marken durch Urteil vollumfänglich für verfallen erklärt. Hiergegen legte der Beklagte nur im Hinblick auf eine seiner Marken und, soweit diese „Bett- und Tischdecken“ sowie „Webstoffe, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind“, betraf, Berufung ein. Die zulässige Berufung blieb jedoch ohne Erfolg.

Entscheidung

Das OLG Frankfurt a. M. bestätigt die Entscheidung der Vorinstanz und stellt fest, dass Verfall nach § 49 MarkenG auch für die noch anhängigen Waren eingetreten und der Beklagte daher zur Einwilligung in die Löschung seiner Marke verpflichtet sei.

In erster Linie führt der Senat hinsichtlich des von dem Beklagten in der Vorinstanz erhobenen Einwands des Rechtsmissbrauchs aus, dass alleine die Tatsache, dass die Löschungsklagen der Klägerin eine „Retourkutsche“ für die Abmahnungen des Beklagten sein sollen, keinen Rechtsmissbrauch begründete. Der Umstand, dass die Klägerin die Marken angreife, aus denen der Beklagte diese wiederum zuvor abgemahnt habe, stelle einen nachvollziehbaren sachlichen Grund dar. Ferner schließe das der Popularklage zugrundeliegende Interesse der Allgemeinheit an der Löschung nicht rechtserhaltend benutzter Marken alle Einwendungen und Einreden betreffend den Kläger und dessen Verhalten aus.

Das OLG weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass selbst der BGH hier eine Grenze im Hinblick auf das Schikane- und Schädigungsverbot nach §§ 826, 226 BGB in der Vergangenheit in Betracht gezogen, aber bisher nicht angenommen habe. Würde man hier die Voraussetzungen für die Erhebung einer Verfallsklage einschränken, hätte dies eine Relativierung der Popularklagebefugnis durch einzelfallbezogene, nur beschränkt einzuschätzende Abwägungen und den dann notwendigen Ausschluss von „Strohmännern“ zur Folge.

Im Hinblick auf die Beurteilung der rechtserhaltenden Benutzung der streitgegenständlichen Marke führt der Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH aus, dass diese für die Annahme der Ernsthaftigkeit der Benutzung nach § 26 MarkenG in einer üblichen und wirtschaftlich sinnvollen Art und Weise benutzt worden sein müsse. Überdies verweist er auf die ständige Rechtsprechung des EuGH, welcher fordere, dass der Inhaber die Marke benutze, um für die mit dieser jeweils beanspruchten Waren oder Dienstleistungen einen Marktanteil zu gewinnen oder zu behalten. Zu den vielfältigen zueinander in Wechselbeziehung stehenden Kriterien, anhand derer eine ernsthafte Benutzung beurteilt werden müsse, zählten insbesondere die Umsatz- und Verkaufszahlen, der Geschäftsumfang, die Frequenz und Dauer der Benutzungshandlungen, die Herstellungs- und Vermarktungskapazität, die Diversifikation des Geschäfts und die Natur der relevanten Waren und Dienstleistungen.

Das OLG stellt in seiner Entscheidung klar, dass die Beweislast für die rechtserhaltende Benutzung oder die berechtigten Gründe für eine Nichtbenutzung bereits nach dem Wortlaut des § 25 Abs. 2 MarkenG im Verletzungsprozess den Markeninhaber treffe. Im Löschungsverfahren hingegen obliege es dem Löschungskläger, die Nichtbenutzung darzulegen und zu beweisen. Die entsprechende Darlegungs- und Beweislast des Löschungsklägers folge aus dem allgemeinen Grundsatz, wonach im Prozess die Partei, die einen Anspruch geltend mache, die rechtsbegründenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen habe.

Im Löschungsverfahren bestehe aber eine abgestufte Darlegungslast. Nach dieser müsse der Kläger seine Zweifelsgründe darlegen, die eine Nichtbenutzung nahelegten. Der Senat konstatiert in dieser Hinsicht, dass es hierfür in der Regel ausreiche, dass der Kläger eine Recherche vorlege, aus der sich ergebe, dass Benutzungshandlungen für die eingetragenen Waren- und Dienstleistungen nicht festzustellen seien. Sodann liege es an dem beklagten Markeninhaber, Benutzungshandlungen, welche die Anforderungen einer ernsthaften Benutzung erfüllten, vorzubringen und durch entsprechende Unterlagen zu belegen. Im Rahmen dessen müsse dieser insbesondere die Produkte benennen, die er unter der löschungsbefangenen Marke vertreibe.

Das OLG vertritt die Auffassung, die Klägerin habe substantiiert dargelegt, dass die Marke für die in Rede stehenden Waren nicht benutzt worden sei. So habe diese nämlich die Benutzungslage mittels einer intensiven Online-Recherche überprüft und festgestellt, dass der Beklagte in seinem Online-Shop gegenwärtig keine der vorliegend relevanten Waren anbiete. Auch eine Prüfung der Benutzung der Marke in der Vergangenheit durch die Verwendung der „Waybackmachine“ habe keine solche hervorgebracht.

Der Senat stellte fest, dass der Beklagte der sich aufgrund des klägerischen Vortrags ergebenden sekundären Darlegungslast nicht gerecht geworden sei. In diesem Zusammenhang führt er aus, dass eine rechtserhaltende Benutzung grundsätzlich sowohl durch eigene Handlungen als auch durch Handlungen Dritter begründet werden könne, soweit letztere mit Zustimmung des Markeninhabers erfolgt seien. Jedoch habe der Beklagte keine ernsthafte Benutzung für die Waren substantiiert dargelegt.

Das OLG macht im Rahmen seiner Beurteilung hinsichtlich eigener Benutzungshandlungen des Beklagten deutlich, dass dieser lediglich einen Gesamtumsatz von 25.000 Euro in drei Jahren für eine Mehrzahl von Waren angegeben habe, ohne dabei aufzuschlüsseln, welcher Anteil des Umsatzes auf die jeweiligen Waren entfallen sei. So habe dieser nämlich ausschließlich pauschal vorgetragen, dass der genannte Umsatz in seinem stationären Ladengeschäft mit dem Verkauf von Kissenbezügen, Kissen, Handtüchern, Baumwoll-Kappen sowie Tischläufern mit dem Zeichen „You & Me“ generiert worden sei. Das Gericht stellt hier zudem ergänzend klar, dass nur Tischläufer rechtserhaltend für „Tischdecken“ angesehen werden könnten und eine Benutzung der Marke für Kissenbezüge und Kissen keine solche für Webstoffe begründe, da Webstoffe das Rohmaterial für Kissen darstellten.

Zudem habe der Beklagte auch keine rechtserhaltenden Benutzungshandlungen Dritter substantiiert dargelegt. In dieser Hinsicht stellt das OLG Frankfurt a. M. klar, dass die Erteilung von Lizenzen an Dritte hinsichtlich der Marke als solche keine rechtserhaltende Benutzung für die streitgegenständlichen Waren darstelle. Zudem sei der Lizenzerteilung an sich auch kein Hinweis auf eine tatsächliche Benutzung der Marke zu entnehmen, da ein Lizenznehmer von der ihm eingeräumten Lizenz Gebrauch machen könne, jedoch nicht müsse. Es obliege daher dem Markeninhaber und Beklagten in einem Löschungsverfahren, zu Art und Umfang der Nutzung durch einen oder mehrere Lizenznehmer vorzutragen. Vorliegend sei ein entsprechender Vortrag zu Art und Umfang der Nutzung im Hinblick auf die vorgelegten Lizenzverträge nicht erfolgt. Abschließend wies der Senat nochmal darauf hin, dass eine Benutzungsaufnahme nach Antragstellung bzw. Klageerhebung keine Heilung zur Folge habe. Eine Marke, welche zur Zeit der Stellung des Löschungsantrages bzw. Erhebung der Löschungsklage verfallen gewesen sei, sei unheilbar löschungsreif.

Quelle: OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 04.04.2019, Az. 6 U 96/18