Irreführung durch eine blickfangmäßige Bewerbung einer „Garantie bis zu 5 Jahren“

In seinem Urteil vom 05.09.2018 (Az. 12 O 204/17) hat das LG Düsseldorf u.a. über die wettbewerbswidrige Bewerbung einer „Garantie bis zu 5 Jahren“ entschieden, da die ausgelobte Garantie durch unklare Bedingungen, welche nicht am Blickfang teilhatten, erheblich beschränkt wurde und sich der Umfang der Garantie nicht mit dem Verkehrsverständnis deckte.

Sachverhalt

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung darauf gehört, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden. Zu seinen Mitgliedern zählen sowohl Unternehmen aus der Automobilindustrie als auch Händler für Sportartikel.

Die Beklagte ist Händlerin für Fahrräder mit Sitz in O1 und hat ihre geschäftlichen Wurzeln in den Niederlanden. In einer Aktionsbroschüre für E-Bikes warb sie in Fettdruck und mit einem Balken hinterlegt mit der Angabe „Garantie bis zu 5 Jahren*“. Der an der Angabe angebrachte Sternchenhinweis wurde auf der nachfolgenden Seite der Broschüre am rechten Rand und quer zur Leserichtung wie folgt aufgelöst:

„Landesweite Garantie an der Stelle. Beim normaler Nutzung und Pflege, 2 Jahre Garantie auf den Akku- und Motorpaket. Preisänderungen und Druckfehler vorbehalten.“ (Rechtschreibfehler sind bewusst übernommen).

Zudem hieß es auf dieser Seite:

„Landesweites Netzwerk mit E-bike Servicecentern“ und „Service bei Ihnen zu Hause, in ganz NRW!“.

Über diesen beiden letztgenannten Aussagen war eine Landkarte abgedruckt, die die Niederlande und NRW darstellte und auf welcher verschiedene Orte mit verschiedenen Symbolen abgebildet waren. Die Orte O1 und F waren in fettgedruckten Buchstaben mit einem hinterlegten Balken hervorgehoben und mit einem Fahrrad- sowie einem Schraubenschlüsselsymbol versehen. In NRW existieren jedoch keine Servicestationen/Servicecenter der Beklagten, sondern ausschließlich Testcenter an drei Standorten, in welchen aber keine Serviceleistungen erbracht werden.

Auf einer weiteren Seite der Broschüre waren am rechten Rand verschiedene Bewertungssiegel und Testurteile abgebildet. In zwei Fällen wurden die Fundstelle bzw. die Quelle nicht angegeben.

Ferner fehlten auf der Rückseite der Broschüre die Angabe der Postleitzahl und der Rechtsform der Beklagten.

Nach erfolgloser Abmahnung machte der Kläger sein Unterlassungsbegehren vor dem LG Düsseldorf geltend. Mit seiner Klage hat er Erfolg.

Entscheidung

1. Das LG Düsseldorf bejaht einen Anspruch des Klägers gem. §§ 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 5 Abs.1 Satz 2 Nr. 1 und 2 UWG auf Unterlassung der blickfangmäßigen Bewerbung der Angabe „Garantie bis zu 5 Jahren“, wenn nicht in unmittelbarer Nähe des Werbehinweises die Garantiebedingungen klar und unmissverständlich wiedergegeben werden.

Es stellt fest, dass die konkrete Bewerbung der „Garantie bis zu 5 Jahren“ unlauter i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 UWG sei. Die in Rede stehende Garantie-Angabe werde von dem angesprochenen Verkehr dahingehend verstanden, dass die Beklagte als Garantiegeberin für einen Zeitraum von 5 Jahren ab dem Kaufdatum für Mängel an der Kaufsache einstehe. Grundsätzlich sei die Auslobung einer solchen Garantie zulässig. Hier liege jedoch eine Irreführung vor, da nach den Garantiebedingungen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der blickfangmäßig herausgestellten Garantiezusage abgebildet seien, der Umfang der Garantie erheblich eingeschränkt werde und nur wenige Leistungen erfasst seien, die der Verbrauchererwartung nicht gerecht würden. So würde nämlich die Garantiedauer von 5 Jahren für wesentliche Teile des E-Bikes, nämlich für den Akku und das Motorpaket, welche jeweils Hauptbestandteile des Bikes darstellten, erheblich verkürzt. Weiter werde die Garantie in der Hinsicht eingeschränkt, dass sie nicht gelte, wenn der Nutzer das Fahrrad nicht normal benutze oder pflege. Das LG konstatiert daher, dass die Bedingungen eine deutliche Beschränkung der Garantie darstellten. Aus der weitreichenden Formulierung des Garantieversprechens resultiere ein erheblicher Deutungsspielraum und der Verbraucher sehe sich bei der Beurteilung der Frage, ob ein aufgetretener Mangel überhaupt von der Garantie umfasst sei, vor Schwierigkeiten gestellt.

Diese für die Kaufentscheidung maßgeblichen und beschränkenden Umstände würden nicht am Blickfang des beworbenen Garantieversprechens teilnehmen. Daher sei die Werbung geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Das LG Düsseldorf macht deutlich, dass dies ebenfalls für die werbliche Angabe „Landesweite Garantie an der Stelle“ gelte. So sei diese Aussage so unklar, dass der angesprochene Verkehr sich unter dieser keine konkrete Vorstellung bilden könne. Der Verbraucher werde die Formulierung „an der Stelle“ mit einem Vorort-Service am Ort der Niederlassung beim Händler gleichsetzen. Die Aussage „Service bei Ihnen zu Hause, in ganz NRW“ spreche wiederum dafür, dass die Serviceleistungen am Wohnsitz des Verbrauchers erbracht würden. Die Garantiebedingung „an der Stelle“ sei demzufolge nicht eindeutig und irreführend.

2. Des Weiteren spricht das LG dem Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte gem. §§ 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG zu, es zu unterlassen, mit der Angabe „Landesweites Netzwerk mit E-Bike Servicecentern“ zu werben.

Es führt hierzu aus, dass der Verkehr diese Angabe dahingehend verstehe, dass sich das Wort „landesweit“ auf das Bundesland NRW beziehe, was auch durch die Darstellung des Landes NRW auf der abgedruckten Karte mit den blickfangmäßig hervorgehobenen Orten O1 und Erkrath sowie den Textzusatz „Kostenlos. Service bei Ihnen zu Hause, in ganz NRW!“ verdeutlicht werde. Da aber in NRW keine Servicestationen/Servicecenter vorhanden seien, sondern lediglich sog. Testcenter an drei Standorten ohne das Angebot von Servicedienstleistungen, täusche die Angabe „Landesweites Netzwerk mit E-Bike Servicecentern“ über die Verfügbarkeit der angebotenen Dienstleistungen und sei irreführend.

3. Zudem spricht das Gericht aus, dass der Beklagte es gem. §§ 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 5a Abs. 2 UWG zu unterlassen habe, mit den auf einer Seite der Aktionsbroschüre am rechten Rand abgedruckten Aussagen „Gewinner E-Bike Test Plus Magazine“ und dem darunter angezeigten Siegel und Zitat, sowie „Lobende Reaktionen vom Consumentenbond**“ und dem darunter befindlichen Logo und Zitat zu werben und dem Verbraucher die Fundstelle der Veröffentlichung vorzuenthalten.

Werbe ein Unternehmen mit produktbezogenen Testergebnissen, müssten die Verbraucher ohne weiteres in die Lage versetzt werden, die Angaben über den Test nachzuprüfen. Dies setze voraus, dass eine Fundstelle für den Test angegeben werde und diese aufgrund der Gestaltung der Werbung leicht auffindbar sei.

Diese Voraussetzungen seien bei den vorgenannten Testurteilen nicht erfüllt, da die jeweilige Fundstelle nicht angegeben werde. Dies sei irreführend i.S.d. § 5a Abs. 2 UWG, da die Herkunft derartiger Testergebnisse und Bewertungen für den Verbraucher maßgeblich sei, um eine zutreffende und informierte geschäftliche Entscheidung treffen zu können. Zudem macht das LG deutlich, dass das Vorenthalten der Fundstellenangabe geeignet sei, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte, da die Herkunft der Testergebnisse und Bewertungen Rückschlüsse auf deren Authentizität und Seriosität liefere.

4. Abschließend bejaht das LG auch einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte gem. §§ 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 5a Abs. 2 UWG darauf, es zu unterlassen, ihre Identität dem Verbraucher vorzuenthalten.

So erfordere die Pflicht zur Information über die Identität des Unternehmers i.S.v. § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG auch die Angabe der Rechtsform des werbenden Unternehmens. In diesem Zusammenhang stellt das LG Düsseldorf noch einmal klar, dass es nicht erforderlich sei, dass die kommerzielle Kommunikation auch eine tatsächliche Möglichkeit biete, das Produkt zu kaufen.

Die Beklagte enthalte dem Verbraucher vorliegend ihre Identität und Anschrift vor, da sie keine Angabe zu ihrer Rechtsform sowie der Postleitzahl für die Orte O1 und F liefere. Diese Informationen seien aber für den Verbraucher wesentlich, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen. Durch diese Angaben werde der Verbraucher in die Lage versetzt, seine eigene Entfernung zum Verkäufer sowie den Ruf des Unternehmers im Hinblick auf Qualität und Zuverlässigkeit der von ihm angebotenen Waren oder Dienstleistungen, aber auch dessen wirtschaftliche Potenz, Bonität und Haftung einzuschätzen. Die Entfernung zum Verkäufer und dessen Erreichbarkeit sei aus dem Grund von Relevanz, dass eine große Entfernung den Verbraucher vom Abschluss eines Geschäfts wegen der mit der Fahrt verbundenen Kosten und Unannehmlichkeiten abhalten könne. Das Vorenthalten der Identität und der Anschrift sei vor diesem Hintergrund auch geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Zudem wäre es der Beklagten möglich gewesen, die Angabe der Identität und Anschrift in angemessener Weise in der Broschüre vorzunehmen. Die Broschüre enthalte bereits die Ortsbezeichnungen O1 und F einschließlich der Angabe der Straße und Hausnummer. Die Angabe der vollständigen Anschrift inklusive Postleitzahl und die Angabe des vollständigen Firmennamens nebst Rechtsformzusatz wäre ohne weiteres möglich gewesen.

Quelle: LG Düsseldorf, Urteil vom 05.09.2018, Az. 12 O 204/17