Informationspflichten in Bezug auf Herstellergarantien?

Ein Unternehmer ist bei einem Verkauf im Wege des Fernabsatzes nicht dazu verpflichtet, den Käufer über eine Herstellergarantie zu informieren, wenn der Unternehmer nicht mit der Garantie wirbt oder sie in sonstiger Weise erwähnt. Das OLG Celle gab damit in zweiter Instanz einem Verkäufer Recht, der in Anspruch genommen worden war, auf eine solche Herstellergarantie hinzuweisen.

Sachverhalt

Der Beklagte, der über eBay Elektroartikel und Werkzeuge vertreibt, bot dort unter anderem eine Bohrmaschine an, deren Hersteller auf seiner Website öffentlich mit einer „Herstellergarantie nach den Gesetzen des jeweiligen Landes für den Zeitraum von einem Jahr“ war. In seiner Produktbeschreibung auf eBay wies der Beklagte auf die gesetzliche Gewährleistung von 24 Monaten hin, bewarb die Bohrmaschine aber nicht mit einer von ihm oder dem Hersteller gewährten Garantie und machte auch sonst keine Angaben über eine solche.

Der klagende Verein, welcher sich selbst der Förderung der Interessen deutscher Online-Unternehmer verpflichtet sieht, vertrat die Ansicht, dass der Beklagte verpflichtet gewesen sei, auf die Herstellergarantie hinzuweisen. Der mangelnde Hinweis begründe einen Wettbewerbsverstoß nach § 5a UWG i.V.m. Art. 246a EGBGB. Das Bestehen einer Herstellergarantie erhöhe den Wert des Einkaufs. Händler wüssten, dass große Hersteller ihre Garantiebedingungen im Internet veröffentlichen und nutzten diese Werbung aus, während sie sich erheblichen Aufwand sparten, indem sie auf entsprechende Informationen zu den Garantien in eigenen Angebote schlicht verzichteten. Der Verbraucher könne ggf. nicht erkennen, ob er eine wirksame Herstellergarantie erhalte und dazu veranlasst werden, eine gesonderte Garantie zu erwerben.

Entscheidung

Das OLG Celle verneinte , wie auch schon erstinstanzlich das LG Hannover, eine Informationspflicht des Beklagten über die Herstellergarantie, da der Beklagte diese weder in seinem Angebot noch in sonstiger Weise erwähnte.

Eine restriktive Auslegung sei nach dem Sinn und Zweck sowie dem Kontext der Regelung des Art. 246a EGBGB geboten. Ein Verkäufer müsse andernfalls umfassende Recherche darüber betreiben, ob und zu welchen Bedingungen ein Hersteller eine Garantie gibt, ob er einschlägige Werbung veröffentliche oder sich die Garantiebedingungen änderten. Da Garantieverträge häufig erst mit Blick auf eine dem Produkt beigelegte Garantiekarte zustande kämen, müsse ein Verkäufer jede Produktlieferung durchsehen. Der Verkäufer trage weiterhin das Risiko, dass seine Garantieinformationen nicht mehr aktuell seien, wenn der Verbraucher seine Vertragserklärung abgebe, was einen Sachmangel begründete. Unklare oder missverständliche Garantiebedingungen des Herstellers gingen ebenfalls zu seinen Lasten.

Insgesamt sei nichts dafür ersichtlich, dem Verkäufer derart umfassende Recherche- und Informationspflichten aufzuerlegen. Letztlich würde sich dieser erhebliche Mehraufwand in Preiserhöhungen niederschlagen. Der Wortlaut der gesetzlichen Regelung ließe sich auch dahin auslegen, nur dann über eine Herstellergarantie (ebenso wie über Kundendienst und Kundendienstleistungen) zu informieren ist, wenn die Leistungen konkret Gegenstand des Angebots des Unternehmers seien.

Der Grundsatz der Vertragsfreiheit erlaube es dem Verkäufer, seine Produkte ohne einen Hinweis auf eine ggf. bestehende Garantie anzubieten. Für den Verbraucher sei das auch nicht nachteilig, da dieser sich im Zweifel für den Fall eines mangelnden Hinweises auf eine Garantie darauf einstelle, dass eine Herstellergarantie nicht besteht. Werde eine solche letztlich doch gewährt, habe der Verbraucher daraus keinen Nachteil, auch wenn er nicht zuvor darüber informiert wurde.

Das OLG Celle hat die Revision zugelassen. Ein Vorenthalten von Informationen wäre bei Annahme einer Informationspflicht wettbewerblich relevant und auch geeignet, den Verbraucher zu einer relevanten Entscheidung zu veranlassen. Im konkreten Fall bestand zwar nicht die Gefahr des „Zukaufs“ einer Garantie durch den Verbraucher, weil der Beklagte einen solchen nicht anbot. Eine relevante Entscheidung könne jedoch schon in der Abstandnahme vom Kauf liegen.

Anmerkung

Die Entscheidung des OLG Celle ist aus unternehmerischer Sicht begrüßenswert. Für Unternehmen, insbesondere solche mit einem breiten Produktsortiment, dürfte es beinahe unmöglich sein, über jedes einzelne Produkt alle Informationen stets auf dem aktuellen Stand zu halten. Entsprechend sollte es einem Verkäufer freistehen, auf die Werbung mit Herstellergarantien und mit einhergehenden Informationen über die Garantie zu verzichten und sich aus der Herstellergarantie schlicht „herauszuhalten“.

Obwohl es im vom OLG Celle zu entscheidendem Fall konkret um die Situation eines Fernabsatzgeschäfts ging, ließ das OLG durchblicken, dass es die gleichen Argumente wohl auch für den stationären (Einzel-)Handel als gegeben ansieht. Dort stelle sich „erst recht“ die Frage, wie ein Verkäufer mit zumutbarem Aufwand über die verschiedenen Herstellergarantiebedingungen für jedes einzelne Produkt informieren solle. Das OLG Celle bezog diese parallele Problematik ausdrücklich in seine Begründung zur Zulassung der Revision mit ein. Vertiefter hat sich das OLG Celle mit der Frage der Konstellationen etwaiger Garantien im stationären Handel leider nicht beschäftigt. Auch ohne herausgestellte und explizite Werbung des Verkäufers könnte nämlich bereits von einer Garantiewerbung auszugehen sein, wenn herstellerseitig auf der Produktverpackung (welche im Fernabsatz oftmals nicht abgebildet ist) mit einer Garantie geworben wird. Möglicherweise muss sich der Verkäufer diese dann mit dem Ergebnis einer korrespondierenden Informationspflicht zurechnen lassen. Letztlich wird es – sowohl im Online- wie auch im Offline-Bereich – auf den konkreten Einzelfall ankommen.

Quelle: OLG Celle, Urt. v. 26.03.2020 – 13 U 73/19

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Dr. Sascha Vander, LL.M.

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