Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten bei Smart-TVs

Nach Auffassung des LG Frankfurt a.M. (Urteil vom 10.06.2016, Az. 2-03 O 364/13) unterliegt der Hersteller von Smart-TVs lauterkeitsrechtlich einer Hinweispflicht, sofern die Gefahr besteht, dass bei der Verbindung des Smart-TVs mit dem Internet personenbezogene Daten erhoben und verwendet werden.

Sachverhalt

Der Entscheidung liegt eine Klage der Verbraucherzentrale NRW gegen die Samsung Electronics GmbH zugrunde.

Bei der Beklagten handelt es sich um die deutsche Vertriebsgesellschaft der Samsung Electronics Corporation. Die von der Beklagten vertriebenen streitgegenständlichen Smart-TVs sind internetfähig und arbeiten nach dem „Hybrid Broadcast Broadband Standard“ (HbbTV). Hierbei handelt es sich um eine technische Spezifikation, die es Fernsehsendern ermöglicht, interaktive Inhalte einschließlich personalisierter Werbung über einen Browser zusätzlich zum Programm auf ein internetfähiges Fernsehgerät auszuliefern. Die Smart-TVs weisen zudem eine Benutzeroberfläche namens „Smart Hub“ auf, die den Abruf verschiedener Informationen auf dem Fernsehgerät ermöglicht. Ferner können Apps installiert werden.

In der Bedienungsanleitung der streitgegenständlichen Geräte, bei denen die HbbTV-Funktion bei der Auslieferung standardmäßig aktiviert ist, befindet sich kein Hinweis auf Nutzungsbedingungen oder eine Datenschutzerklärung.

Nach dem Aufbau stellen die Geräte eine Internetverbindung zu einem Samsung-Server her, um die Aktualität der Firmware zu prüfen und die Region zu ermitteln, in der sich der Nutzer befindet. Sodann werden die AGB in der für den Nutzer relevanten Sprachfassung auf den Fernseher heruntergeladen. Der Nutzer kann den AGB und den Datenschutzrichtlinien entweder pauschal zustimmen oder einzelne Bestimmungen separat anklicken und Seite für Seite durchscrollen. Die AGB für die Smart Hub-Funktion weisen allein 57 Bildschirmseiten auf, die AGB für ein Samsung-Konto insgesamt 399 Bildschirmseiten. Eine Möglichkeit, die Datenschutzerklärung oder die AGB vom Smart-TV aus zu speichern oder auszudrucken besteht nicht.

Nach Auffassung der Verbraucherzentrale NRW verstößt die Beklagte gegen datenschutz- und lauterkeitsrechtliche Bestimmungen.

Entscheidung des LG Frankfurt a.M.

Die Klage hatte teilweise Erfolg.

Abgewiesen wurde die Klage, soweit die Beklagte verurteilt werden sollte, es zu unterlassen, bei der Einrichtung der Smart-TVs personenbezogene Daten ohne vorherige Zustimmung des Kunden zu erheben und zu verarbeiten. Nach den Feststellungen des Landgerichts wurden die Daten nicht durch die Beklagte erhoben und verarbeitet, sondern durch die Betreiber der HbbTV-Dienste und die nicht in das Verfahren einbezogene Muttergesellschaft der Beklagten. Ob die Erhebung und Verarbeitung der Daten zulässig ist, hatte das Gericht daher nicht zu prüfen.

Erfolg hatte die Klage demgegenüber, soweit die Klägerin von der Beklagten nach §§ 5a, 8 UWG i. V. m. § 13 Abs. 1 TMG verlangt hatte, die Kunden beim Inverkehrbringen des Produkts darüber zu informieren, dass durch den Anschluss des Smart-TV an das Internet möglicherweise Daten über den Nutzer erhoben werden, ohne dass zuvor eine entsprechende Zustimmung oder Information erteilt wurde. Es sei davon auszugehen, dass einem Teil der Verbraucher nicht bekannt sei, dass personenbezogene Daten nach einem Anschluss des Geräts an das Internet auch dann erhoben werden können, wenn die Internet-Funktionalität des Geräts gar nicht genutzt werde. Es handele sich um eine Information, die der Verbraucher je nach den Umständen benötige, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthaltung geeignet sei, den Verbraucher zu Entscheidungen zu veranlassen, die er ansonsten nicht getroffen hätte.

Darüber hinaus hatte die Klage Erfolg, soweit die Klägerin bestimmte Regelungen in den AGB und den Datenschutzerklärungen angegriffen hatte. U. a. entsprachen die angegriffenen Regelungen nach Ansicht des Landgerichts nicht den Anforderungen des § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB, weil der nicht hinreichend lesefreundlich aufbereitete Bildschirmtext nicht in angemessener Weise zur Kenntnis genommen werden konnte.

Stellungnahme

Sofern die bislang noch nicht rechtskräftige Entscheidung Bestand haben wird, kann dies weitreichende Folgen über den Smart-TV-Bereich hinaus haben. Viele elektronische Geräte werden inzwischen mit Internetfunktionen ausgestattet und kommunizieren standardmäßig über die Internetverbindung des Nutzers mit Servern der Hersteller oder Dritter.

Die datenschutzrechtlichen Probleme ließen sich vermeiden, wenn die Geräte mit datenschutzfreundlicher Vorkonfiguration ausgeliefert würden („privacy by default“) und der Nutzer die Möglichkeit hätte, die Internetfunktionen – vorliegend etwa die Nutzung der HbbTV-Dienste – nach Kenntnisnahme der in zumutbarer Darstellungsform bereitzustellenden Nutzungsbestimmungen aktiv freizuschalten (Opt-in).

In der Datenschutzgrundverordnung werden der Datenschutz durch Technikgestaltung („privacy by design“) und datenschutzfreundliche Voreinstellungen („privacy by default“) in Art. 25 ausdrücklich geregelt. Zu erwarten ist daher, dass den Aspekten des Datenschutzes bei der Gestaltung technischer Systeme künftig eine höhere Aufmerksamkeit geschenkt wird als in der Vergangenheit. Hierauf werden sich die Hersteller einstellen müssen.

Quelle: LG Frankfurt a.M., Urt. v. 10.06.2016, Az. 2-03 O 364/13