BGH zur Übertragung von Erfindungsrechten vom Arbeitnehmererfinder auf den Arbeitgeber durch Assignment

In seinem Urteil „Fesoterodinhydrogenfumarat“ hat der BGH entschieden, dass kein Scheingeschäft nach § 117 Abs. 1 BGB vorliegt, wenn ein Arbeitnehmer die Rechte an einer Erfindung auf den Arbeitgeber überträgt, um diesem die Anmeldung von Schutzrechten zu ermöglichen. Ferner befasst sich der BGH in seinem Urteil mit § 5 Abs. 1 und Abs. 2 ArbNErfG in der bis 30.09.2009 geltenden Fassung (BGH, Urteil v. 17.12.2019, Az. X ZR 148/17).

Das Berufungsgericht war im Streitfall zu dem Schluss gekommen, dass die Vereinbarung zur Übertragung der Rechte an den streitgegenständlichen Erfindungen (Assignment) nicht zu einem Übergang des Erfindungsanteils geführt habe. Die Gesamtumstände sprächen dafür, dass es sich bei dieser Vereinbarung um ein Scheingeschäft handele, bei dem weder der Erfinder noch der Arbeitgeber einen auf die Übertragung des klägerischen Erfindungsanteils gerichteten Rechtsbindungswillen gehabt hätten, und dass der einzige Zweck dieser Vertragsurkunde darin bestanden habe, für das US-Patentamt den äußeren Schein einer Übertragung der Erfindung hervorzurufen.

Dies bewertete der BGH abweichend. Die Vereinbarung könne nicht als Scheingeschäft angesehen werden, wenn sie den Zweck gehabt habe, dem Arbeitgeber die Anmeldung von Schutzrechten in den Vereinigten Staaten zu ermöglichen.

Diesen Zweck hätten die Parteien nur durch eine wirksame Erklärung erreichen können. Deshalb könne jedenfalls auf der Grundlage des deutschen Rechts nicht davon ausgegangen werden, dass die Parteien die vereinbarte Rechtsfolge nicht eintreten lassen wollten.

Selbst wenn eine Rechtsübertragung danach wirksam war, stehe dies – so der BGH – Ansprüchen des Arbeitnehmers auf (Rück-)Übertragung nicht entgegen, wenn beide Seiten davon ausgegangen seien, dass die Rechte an der Erfindung nach deutschem Recht schon kraft Inanspruchnahme gemäß den Vorschriften des ArbNErfG auf den Arbeitgeber übergegangen seien.

Entgegen einer verbreiteten Auffassung fehle es zwar auch in solchen Fällen jedenfalls nach deutschem Recht nicht an dem für eine Rechtsübertragung erforderlichen Erklärungsbewusstsein, denn beide Seiten – so der BGH weiter – wissen und wollen in solchen Fällen, dass die zur Anmeldung eines US-Patents erforderliche Rechtsstellung auf den Arbeitgeber übergehe.

Der zum Zwecke der Anmeldung erforderliche dingliche Übertragungsakt sei aber zu unterscheiden von dem schuldrechtlichen Grundverhältnis, auf dem er beruhe. Übertrage ein Arbeitnehmer seine Rechte an einer Erfindung auf den Arbeitgeber, weil er von einer wirksamen Inanspruchnahme als Diensterfindung ausgeht, diene der Übertragungsakt der Erfüllung einer Pflicht, die dem Arbeitnehmer nach seiner Vorstellung aufgrund der schuldrechtlichen Beziehung zwischen ihm als Diensterfinder und dem Arbeitgeber obliege. Stelle sich später heraus, dass die Erfindung nicht wirksam in Anspruch genommen wurde, könne der Arbeitnehmer deshalb gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, Fall 1 BGB die Rückübertragung der abgetretenen Rechte und die Übertragung der Rechtspositionen verlangen, die der Arbeitgeber durch die aufgrund der Übertragung getätigten Anmeldungen erlangt habe.

Amtliche Leitsätze:

ArbNErfG § 5 Abs. 1 und Abs. 2 in der bis 30. September 2009 geltenden Fassung

  1. Dem Schriftformerfordernis nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbNErfG aF ist Genüge getan, wenn dem Arbeitgeber eine vom Arbeitnehmer unterschriebene Meldung im Original zugeht. Darüber hinausgehende Vorgaben in Bezug auf die Adressierung oder die Übermittlung der Meldung an den Arbeitgeber ergeben sich aus dieser Vorschrift nicht.
  2. Der Annahme einer gesonderten Meldung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbNErfG aF steht es nicht entgegen, wenn der Arbeitnehmer verschiedene Formulierungskonzepte, Verfahren und Darreichungsformen in einem Schreiben zusammenfasst, solange diese dasselbe technische Problem betreffen und auf einem gemeinsamen Lösungsansatz beruhen und die Erfindungsmeldung in der Fülle des innerbetrieblichen Schriftverkehrs als solche erkennbar ist (im Anschluss an BGH, Urteil vom 12. April 2011 – X ZR 72/10, GRUR 2011, 733 – Initialidee).
  3. Bei Beteiligung mehrerer Mitarbeiter an einer Erfindung genügt die Meldung eines Mitarbeiters den Anforderungen nach § 5 Abs. 2 Satz 3 ArbNErfG aF, wenn der Arbeitgeber ihr entnehmen kann, dass Miterfinder beteiligt waren und wie er diese und deren Anteile ermitteln kann. Welchen Detaillierungsgrad die Meldung insoweit aufweisen muss, hängt insbesondere davon ab, welche Kenntnisse der Arbeitnehmer hat oder sich unschwer verschaffen kann. Danach ist der Arbeitnehmer in der Regel gehalten, die Miterfinder aus seinem eigenen Verantwortungsbereich konkret zu benennen. Hinsichtlich der Beteiligung von Mitarbeitern aus anderen Bereichen des Unternehmens genügt grundsätzlich die Angabe der betreffenden Organisationseinheit (Fortführung von BGH, Urteil vom 18. März 2003 – X ZR 19/01, GRUR 2003, 702, 703 – Gehäusekonstruktion).

BGB § 117 Abs. 1

  1. Eine Vereinbarung, in der ein Arbeitnehmer Rechte an einer Erfindung auf den Arbeitgeber überträgt mit dem Zweck, diesem die Anmeldung von Schutzrechten zu ermöglichen, stellt kein Scheingeschäft dar.
  2. Überträgt der Arbeitnehmer auf der Grundlage einer solchen Vereinbarung Rechte an einer Erfindung, weil er von einer wirksamen Inanspruchnahme als Diensterfindung ausgeht, kann er gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB die Rückübertragung der abgetretenen Rechte und die Übertragung der Rechtspositionen verlangen, die der Arbeitgeber durch die aufgrund der Übertragung getätigten Anmeldungen erlangt hat, wenn sich später herausstellt, dass die Erfindung nicht wirksam in Anspruch genommen wurde.

BGH, Urteil v. 17.12.2019, Az. X ZR 148/17