BGH zur Bruchteilsgemeinschaft bei Miterfindern

In seinem Urteil „Beschichtungsverfahren“ vom 27.09.2016 (X ZR 163/12) beschäftigt sich der BGH mit Schadensersatz- und Ausgleichsansprüchen in einer Bruchteilsgemeinschaft und führt seine diesbezügliche Rechtsprechung fort.
Hintergrund der Entscheidung war ein Streit zwischen zwei Unternehmen, die im Rahmen eines Entwicklungsprojektes zur verbesserten Oberflächenbehandlung von Stählen zusammenarbeiteten. Die Beklagte meldete ein im Rahmen dieser Zusammenarbeit entwickeltes Beschichtungsverfahren nur im eigenen Namen zum Patent an und gab dabei die eigenen Mitarbeiter als alleinige Miterfinder an. Auf die Patentanmeldung wurde das Patent allein auf den Namen des Unternehmens erteilt.

Die Klägerin forderte demgegenüber vor dem LG die vollständige Abtretung der Patentanmeldung und deren Umschreibung allein auf sie sowie Schadensersatzansprüche wegen der unberechtigten Patentanmeldung. Das LG hat die Beklagte verpflichtet, in eine 90 prozentige Mitberechtigung der Klägerin an der Streitpatentanmeldung und die Nennung deren Mitarbeiters als Miterfinder einzuwilligen, und der Klage hinsichtlich der weiteren Anträge stattgegeben. Das OLG hat das Urteil auf die Berufung der Beklagten dahin abgeändert, dass diese verpflichtet ist, der Klägerin eine Mitberechtigung an der Streitpatentanmeldung ohne bezifferten prozentualen Anteil einzuräumen. Die Feststellungsklage, dass die Beklagte der Klägerin zum Ersatz allen Schadens aus der unberechtigten Patentanmeldung verpflichtet sei, hat das Berufungsgericht abgewiesen. Auf die Revision der Klägerin hat der BGH das Berufungsurteil insoweit aufgehoben als darin die Anträge auf Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung für die Zeit bis zur Klagezustellung und auf Feststellung der Schadensersatzpflicht abgewiesen worden waren.

Nach Ansicht des BGH hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch der Klägerin zu Unrecht verneint. Der Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe aufgrund ihrer Mitberechtigung an der Erfindung bei deren Anmeldung zum Patent nicht rechtswidrig gehandelt, konnte nicht gefolgt werden.

Schließlich sei sich die Beklagte im Zeitpunkt der Patentanmeldung des Umstands bewusst gewesen, dass an dem Gegenstand der Erfindung eine gemeinschaftliche Berechtigung bestand. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstands stehe den Teilhabern nach § 744 Abs. 1 BGB grundsätzlich gemeinschaftlich zu. Auch unter der Prämisse, dass die Anmeldung der Erfindung zum Patent einem Miterfinder stets oder zumindest in Fällen drohender anderweitiger Veröffentlichung nach § 744 Abs. 2 BGB ohne vorherige Absprache mit den übrigen Teilhabern erlaubt sein müsse, handele der anmeldende Teilhaber jedenfalls dann nicht rechtmäßig, wenn er bei der Anmeldung unzutreffende Angaben über die Personen der Miterfinder macht und sich zu Unrecht als alleiniger Berechtigter an der Erfindung geriert. Es entspreche den Pflichten des Anmelders aus § 37 Abs. 1 PatG, den (oder die) Erfinder zu benennen und zu versichern, dass weitere Personen seines Wissens an der Erfindung nicht beteiligt sind. Ebenso sei nach Art. 81 EPÜ der Erfinder in der europäischen Patentanmeldung zu nennen.

Der BGH führt seine Rechtsprechung in der Entscheidung „Gummielastische Masse II“ (BGH v. 22.03.2005, X ZR 152/03, BGHZ 162, 342) weiter fort und betont, dass einem auf diese Weise übergangenen Mitberechtigten ein Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 S. 1 und § 823 Abs. 1 BGB zusteht, der auch einen Ausgleich für vom Anmelder gezogene Gebrauchsvorteile umfassen kann. Nach dieser Entscheidung könne zwar von dem die Erfindung im Rahmen des § 743 Abs. 2 BGB (allein) benutzenden Mitinhaber ein anteiliger Ausgleich für gezogene Gebrauchsvorteile nicht verlangt werden, solange die Inhaber hierüber weder eine Vereinbarung noch einen Beschluss getroffen haben und auch ein insoweit nach § 745 Abs. 2 BGB bestehender Anspruch nicht geltend gemacht sei. Auf diese Beschränkung der Ansprüche könne ein Mitinhaber aber allenfalls verwiesen werden, wenn er Ausgleichsansprüche in Kenntnis der Existenz einer Gemeinschaft oder unter der positiven Kenntnis gleichkommenden Umständen nicht geltend gemacht hat.

Quelle: BGH vom 27.09.2016, X ZR 163/12