BGH bestätigt Bewertungspraxis bei „yelp.de“

Mit Urteil vom 14.01.2020 (VI ZR 496/18) hat der BGH über die Zulässigkeit der Bewertungsdarstellung in dem bekannten Bewertungsportal Yelp entschieden.

Sachverhalt

Die klagende Betreiberin eines Fitness-Studios hatte die Betreiberin des Bewertungsportals www.yelp.de wegen der Darstellung der Bewertungen ihres Studios auf Unterlassung, Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz und Erstattung von Rechtsanwaltskosten in Anspruch genommen. In dem Bewertungsportal Yelp können angemeldete Nutzer Unternehmen durch die Vergabe von einem bis fünf Sternen bewerten und ihre Bewertung mit einer Texteingabe begründen. Nach Ansicht der Klägerin hatte die Beklagte mit der Bewertungsdarstellung bei den Besuchern des Bewertungsportals einen unzutreffenden Eindruck über die Bewertungen des Fitness-Studios erweckt und dadurch die Rechte der Klägerin verletzt.

Hintergrund war der Umstand, dass die Beklagte in ihrem Portal eine Software zur automatisierten Analyse der Nutzerbewertungen einsetzt, die – ohne manuelle Kontrolle – eine tagesaktuelle Einstufung der Bewertungen als „empfohlen“ oder „(momentan) nicht empfohlen“ vornimmt. Ruft ein Nutzer die Bewertung eines konkreten Unternehmens auf, wird ihm eine Darstellung mit bis zu fünf Sternen als Bewertungsdurchschnitt des Unternehmens angezeigt, wobei sich der Bewertungsdurchschnitt nicht aus der Gesamtmenge aller über das betreffende Unternehmen abgegebener Bewertungen ergibt, sondern ausschließlich aus dem Mittel der „empfohlenen Beiträge“. Neben der Sternebewertung wird die Anzahl der „Beiträge“ angegeben, die in die Bewertung eingeflossen sind. Unter der Darstellung des Unternehmens kann der Nutzer zudem die einzelnen „empfohlenen Beiträge“ ansehen. Am Ende dieser Wiedergabe wird der Nutzer wiederum über die Anzahl „(momentan) nicht empfohlener Beiträge“ informiert. Interessierte Nutzer können sodann die einzelnen „(momentan) nicht empfohlenen Beiträge“ ansehen.

Unter der Überschrift „Was sind empfohlene Beiträge?“ befindet sich auf der Seite zudem ein Erläuterungstext. Darin wird erklärt, dass täglich Millionen von Beiträgen eingehen und Yelp deshalb eine Software einsetzt, um die hilfreichsten Beiträge automatisiert hervorzuheben und gefälschte Beiträge herauszufiltern. Die Software ziehe dabei u .a. die Qualität, Vertrauenswürdigkeit und die bisherige Aktivität des Nutzers auf Yelp in Betracht. Konkrete Einzelheiten zum Algorithmus legt Yelp aus Gründen des Geschäftsgeheimnisschutzes und zur Verhinderung von Manipulationsmöglichkeiten nicht offen.

Das Fitness-Studio der Klägerin wurde aufgrund einer „empfohlenen Bewertung“ mit drei Sternen bewertet. 24 ältere „(momentan) nicht empfohlene“ überwiegend positive Bewertungen blieben unberücksichtigt.

Die Klägerin vertrat deshalb die Auffassung, die Beklagte habe den unzutreffenden Eindruck erweckt, dass der Bewertungsdurchschnitt aller Beiträge angezeigt worden sei. Die Unterscheidung zwischen empfohlenen und momentan nicht empfohlenen Beiträgen sei willkürlich und nicht anhand nachvollziehbarer Kriterien erfolgt, wodurch ein verzerrtes und unrichtiges Gesamtbild entstehe.

Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hatte das Berufungsgericht die Klage jedoch zugesprochen. Dagegen richtete sich die Revision der Beklagten.

Entscheidung des BGH

Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und das klageabweisende Urteil des Landgerichts wiederhergestellt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin habe die Beklagte mit der angegriffenen Bewertungsdarstellung nicht behauptet, dass es sich bei dem Bewertungsdurchschnitt um das Ergebnis der Auswertung aller abgegebenen Beiträge handele. Ein unvoreingenommener und verständiger Nutzer des Bewertungsportals entnehme der Darstellung zunächst, wie viele Beiträge zur Ermittlung des Durchschnitts herangezogen wurden. Daraus schließe er weiter, dass Grundlage für die Durchschnittsberechnung ausschließlich „empfohlene“ Beitrage seien und sich die Angabe der Anzahl nur darauf beziehe.

Die Bewertungsdarstellung greife auch nicht rechtswidrig in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht und das nach § 823 Abs. 1 BGB geschützte Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin ein. Überwiegende Interessen der Klägerin seien nicht festzustellen. Die Anzeige des Bewertungsdurchschnitts und der Einstufung von Nutzerbewertungen als „empfohlen“ oder „nicht empfohlen“ seien durch die Berufs- und Meinungsfreiheit geschützt. Ein Gewerbetreibender müsse Kritik an seinen Leistungen und die öffentliche Erörterung geäußerter Kritik grundsätzlich hinnehmen.

Praxishinweis

Einträge auf Bewertungsportalen können den Markterfolg eines Unternehmens sowohl positiv als auch negativ beeinflussen. Betroffene Unternehmen und Informationssucher haben deshalb ein berechtigtes Interesse an einer zutreffenden und fairen Bewertung. Der Einsatz eines automatisierten Filters durch den Plattformbetreiber kann dazu beitragen, diese Ziele effektiv zu unterstützen und die Qualität der Empfehlungen abzusichern. Unter Transparenzgesichtspunkten sollte allerdings deutlich darauf hingewiesen werden, wenn aufgrund des Einsatzes einer solchen Filter- und Analysesoftware nur ein Teil der Bewertungen in die Bildung des Bewertungsdurchschnitts einfließt. Die divergierenden Entscheidungen der Instanzgerichte in dem vom BGH entschiedenen Fall deuten darauf hin, dass sich die angegriffene Darstellung offenbar im Grenzbereich bewegt hat.

Der Plattformbetreiber hat die Darstellung zwischenzeitlich offenbar optimiert, weil nunmehr neben der Sternebewertung ausdrücklich die Anzahl der „empfohlenen Beiträge“ ausgewiesen wird:

Damit dürften Missverständnisse vermieden werden.

Unter welchen Voraussetzungen der nach der Entscheidung des BGH unter dem Gesichtspunkt der Berufs- und Meinungsfreiheit grundsätzlich zulässige Einsatz einer Analyse-Software zur Filterung der Bewertungsbeiträge nicht mehr rechtmäßig ist und eine Verletzung des  Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb bewirkt, ist noch nicht abschließend geklärt.

Quelle: PM Nr. 007/2020 des BGH vom 14.01.2020

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Niklas Kinting

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