Akteneinsicht und Geheimhaltungsschutz: BGH zum Inhalt der Prozessakte

In einem aktuellen Beschluss hat sich der BGH mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen ein von einer Partei eingereichtes und als streng vertraulich gekennzeichnetes Dokument zu den Prozessakten zu nehmen und damit vom Gegenstand des Einsichtsrechts umfasst ist (BGH, Beschluss v. 14.01.2020, Az. X ZR 33/19).

Gemäß § 299 Abs. 1 ZPO können die Parteien die Prozessakten einsehen. Diese Regelung gilt gemäß § 555 Abs. 1 ZPO im Revisionsverfahren entsprechend.

In seinem Beschluss stellt der BGH klar, dass das Einsichtsrecht einer Partei zwar nicht von der Zustimmung der übrigen Parteien oder sonstiger Verfahrensbeteiligter abhängt, hiervon jedoch die vorgelagerte Frage zu unterscheiden sei, unter welchen Voraussetzungen ein von einer Partei eingereichtes Dokument zu den Prozessakten zu nehmen und damit vom Gegenstand des Einsichtsrechts umfasst ist.

Zu den Prozessakten gehören grundsätzlich alle Schriftsätze und Unterlagen, die bei dem Gericht zu dem Rechtsstreit geführt werden. In den Rechtsmittelinstanzen sind hiervon auch die in den Vorinstanzen angefallenen Unterlagen umfasst, auf die diese Voraussetzung zutrifft. Dies sind im Wesentlichen die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und die im Gericht selbst erstellten Dokumente. Nicht zu den Prozessakten gehören beigezogene Akten aus anderen gerichtlichen oder behördlichen Verfahren.

Gibt eine Partei schon bei der Einreichung von Unterlagen zu erkennen, dass diese der Gegenseite nur unter bestimmten Voraussetzungen zugänglich gemacht werden sollen, werden diese – so der BGH – jedenfalls dann nicht zum Bestandteil der Prozessakten, wenn das Gericht mit Rücksicht auf diesen Vorbehalt von einer Weitergabe an den Gegner absieht.

Die Versagung der Einsicht in diese Unterlagen verletze auch nicht den Anspruch auf rechtliches Gehör. Artikel 103 Abs. 1 GG wäre verletzt, wenn das Berufungsgericht seine Entscheidung zum Nachteil der die Akteneinsicht begehrenden Partei auf die in Rede stehenden Unterlagen gestützt hätte, ohne dieser in angemessener Weise Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Ein solcher Verstoß könne aber im Rahmen einer Revision oder Nichtzulassungsbeschwerde gerügt werden. Einer Einsicht in die betreffenden Unterlagen bedürfe es hierzu nicht, denn der Verstoß bestehe gegebenenfalls gerade darin, dass die angefochtene Entscheidung keine Grundlage im Inhalt der Prozessakten findet.

Amtliche Leitsätze:

a) Zu den Prozessakten im Sinne des § 299 Abs. 1 ZPO gehören grundsätzlich alle Schriftsätze und Unterlagen, die bei dem Gericht zu dem Rechtsstreit geführt werden.

b) Eine Ausnahme hiervon gilt, wenn das Gericht mit Rücksicht auf einen bei der Einreichung der Unterlagen erklärten Vorbehalt einer Partei von einer Weitergabe der Unterlagen an die Gegenpartei abgesehen hat.

BGH, Beschluss v. 14.01.2020, Az. X ZR 33/19

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Franziska Anneken

Franziska Anneken

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