OLG Düsseldorf: Mängelrechte vor Abnahme?

Das OLG Düsseldorf hat sich in seiner aktuellen Entscheidung vom 17.06.2022 (Az. 22 U 192/21) mit der Frage befasst, ob Mängelrechte vor Abnahme eines Werkes geltend gemacht werden können.

Sachverhalt

Die Klägerin wurde von der Beklagten durch Generalunternehmervertrag mit der Errichtung einer Doppelhaushälfte beauftragt. Hierfür wurde ein Pauschalpreis in Höhe von 260.000,00 € vereinbart. Nachdem die Übergabe zum geplanten Fertigstellungstermin im Juni 2018 gescheitert ist, kam es im Juli 2018 zur Übergabe der Doppelhaushälfte an die Beklagte. Zu diesem Zeitpunkt waren die von der Klägerin geschuldeten Außenanlagen sowie die Garage noch nicht fertiggestellt. Im Rahmen der Übergabe wurden insgesamt 38 Mängel seitens der Beklagten gerügt. Die Abnahme wurde abgelehnt. Die Klägerin bestritt die Mängel und verlangte von der Beklagten Zahlung des Restwerklohnanspruchs in Höhe von 31.000,00 €. Daraufhin kündigte die Beklagte den Vertrag und erklärte die Aufrechnung mit den Ansprüchen auf Schadenersatz und Vorschuss in Höhe der Kosten von 37.000,00 €.

Mit der Klage begehrte die Klägerin, gestützt auf die Rechnungen für die Fassade und Fliesenarbeiten, die Zahlung in Höhe von 18.200,00 € nebst Zinsen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen diese Entscheidung wandte sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Mangels Abnahme bestünden keine Mängelansprüche der Beklagten.

Entscheidung

Das OLG Düsseldorf entschied, dass der Restwerklohnanspruch des Generalunternehmers durch die Aufrechnung der Beklagten erloschen ist. Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass die Beklagte wegen des Verzugs des Generalunternehmers mit der Herstellung der Außenanlage, einen Schadenersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB nach den Regeln des allgemeinen Leistungsstörungsrechts auch vor Abnahme geltend machen kann. Auch der Vorschussanspruch sei gegeben. Dieser Schlussfolgerung des Gerichts liegt die Feststellung zugrunde, dass sich die Parteien in einem Abrechnungsverhältnis befinden, da der Vertrag seitens der Beklagten gekündigt worden ist. Überdies hat die Beklagte unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, keine Leistungen des Generalunternehmers anzunehmen.

Praxis

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf orientiert sich an der BGH-Entscheidung vom 19.01.2017, mit welcher der BGH hervorgehoben hat, dass der Besteller grundsätzlich erst nach der Abnahme Mängelrechte geltend machen kann. Hinsichtlich des Vorschussanspruches nach § 637 Abs. 3 BGB ist herauszustellen, dass es dann keiner Abnahme bedarf, wenn der Auftraggeber nicht mehr die Erfüllung des Vertrags verlangen kann. Insoweit ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Auftraggeber eindeutig und unmissverständlich zum Ausdruck bringen muss, keine weitere Leistung des Auftragnehmers annehmen zu wollen. Die schlichte Aussage des Auftragnehmers, die Erfüllung zu verweigern, genügt nicht, um ein Abrechnungsverhältnis anzunehmen.

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Dr. Carolin Dahmen

Dr. Carolin Dahmen

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