Marken- und Wettbewerbsrecht – Streit um ikonische Gestaltung der Granini-Flaschen

Im Rahmen eines Handelsstreits um Preiskonditionen nahm ein großer Supermarktkonzern die Granini-Säfte mit der bekannten Flaschengestaltung aus dem Sortiment. Granini wandte sich gerichtlich gegen jenen Supermarkt sowie den konzerneigenen Safthersteller Albi, da dieser begann Säfte in ähnlich gestalteten Flaschen herzustellen. Der Verkauf dieser Saftflaschen in den Supermärkten des Konzerns wurde per einstweiliger Verfügung verboten, die das LG Hamburg nun mit Urteil vom 13.01.2022 (Az: 312 O 294/21) bestätigte.

Sachverhalt

Die Antragstellerinnen gehören zur Unternehmensgruppe Eckes-Granini, die in über 80 Ländern Fruchtsäfte anbieten. Die besondere Form der Granini-Fruchtsaftflaschen ist zugunsten der Antragstellerin zu 2 markenrechtlich durch mehrere dreidimensionale deutsche Marken geschützt, die jeweils die typischen Granini-Saftflaschen abbilden. Das Design der Flasche sei an der Geometrie einer Ananas orientiert, die Einkerbungen („Grübchen“) in der Flasche stellen eine stilisierte Übernahme der Schalenaußenseite einer Ananas dar.

Die Antragsstellerinnen trugen vor, dass die Antragsgegnerin zu 1 nach der Auslistung der Granini-Säfte nun nahezu identisch gestaltete Saftflaschen des konzerneigenen Safthersteller Albi in den gleichen Geschmacksrichtungen anbiete. Das Design der Albi-Saftflaschen übernehme von der Granini-Flasche den zylindrischen Flaschenbauch mit zylindrischem Flaschenhals, der lotgerecht angeordnet sei. Das Größenverhältnis von Flaschenbauch und Flaschenhals stehe bei beiden Flaschen in einem Verhältnis von 3:2. Zudem sei der Übergang vom Flaschenbauch zum Flaschenhals bei beiden Flaschen klar ersichtlich, bei beiden Flaschen liege kein „weicher“ Übergang vor. Beide Produkte wiesen den breiten Schraubverschluss aus Kunststoff sowie das Etikett am Flaschenhals auf.

Gegen den Vorwurf der Verletzung von Markenrechten, Geschmacksmusterrechten der Antragstellerinnen sowie des Wettbewerbsrechts wehrten sich die Antragsgegnerinnen umfassend. Das Landgericht Hamburg hat dennoch dem Antrag auf einstweilige Verfügung von Eckes-Granini stattgegeben und bestätigte diese Entscheidung auf den Widerspruch der Antragsgegnerinnen mit folgendem

Urteil:

Das Landgericht Hamburg sprach der Antragstellerin zu 1, der Eckes-Granini Gruppe, Unterlassungsansprüche aus ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gemäß §§ 8, 3, 4 Nr. 3a UWG zu.

Der Gestaltung der Granini-Flaschen komme eine ursprünglich durchschnittliche, durch Benutzung gesteigerte wettbewerbliche Eigenart zu. Die konkrete Ausgestaltung der Flasche sei geeignet, den angesprochenen Verkehr auf die betriebliche Herkunft hinzuweisen und die Art der Flaschengestaltung sei auch – entgegen der Ansicht der Antragsgegnerinnen – nicht etwa technisch bedingt. Die Gestaltung der Granini-Flasche hebe sich deutlich vom Marktumfeld ab. Die Albi-Flaschen der Antragsgegnerin stellten eine zumindest nachschaffende Nachahmung der Granini-Flaschen dar, da diese prägende Gestaltungselemente der Granini-Flasche aufweisen und jene als Vorbild erkennbar bleibe. Bei der Beurteilung des Gesamteindrucks komme es zudem weniger auf die Unterschiede, sondern mehr auf die Übereinstimmungen der Produkte an, weil der Verkehr diese erfahrungsgemäß nicht gleichzeitig wahrnehme und miteinander vergleiche, sondern seiner Auffassung aufgrund eines Erinnerungseindrucks gewinne, in dem die übereinstimmenden Merkmale stärker hervortreten als die unterscheidenden.

Es bestehe die Gefahr einer Herkunftstäuschung im weiteren Sinne für den Verkehr. Dies sei der Fall, obwohl die Saftflaschen mit der Marke „Albi“ gekennzeichnet sind, denn für eine solche Täuschungsgefahr genüge es, dass der Verkehr annehme, es handele sich um eine neue Serie oder um eine Zweitmarke des Originalherstellers oder es bestünden lizenz- oder gesellschaftsvertragliche Beziehungen. Vor dem Hintergrund der vor kurzem noch bestehenden Vertriebssituation, in der die Antragsgegnerinnen die Granini-Säfte in den streitgegenständlichen Flaschen in den Verkaufsregalen anboten, gehe der Verkehr von einer Verbindung der Parteien trotz der Kennzeichnung der Saftflaschen mit der Marke „Albi“ aus.

Des Weiteren urteilte das Landgericht, dass der Antragstellerin zu 2, Inhaberin der dreidimensionalen Marken ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 14 II Nr. 2, V MarkenG zustehe. Die dreidimensionalen Marken seien rechtserhaltend benutzt worden, obwohl die eingetragene Flaschenformen in teilweise leicht abgewandelter Form vertrieben worden seien. Aufgrund der Warenidentität und der deutlichen Zeichenähnlichkeit der angegriffenen Flaschengestaltung mit der dreidimensionalen Marke, die durch umfangreiche Nutzung über gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügt, bestehe eine Verwechslungsgefahr für den angesprochenen Verkehr.

Ausblick:

Ob eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr oder eine Gefahr der Herkunftstäuschung im Sinne des Wettbewerbsrechts für das Publikum vorliegt, beurteilen die Gerichte anhand einer Abwägung zahlreicher Kriterien. Ob der Verkehr die sich gegenüberstehenden Marken tatsächlich verwechselt, wird teilweise in den betreffenden Gerichtsverfahren mithilfe kostspieliger Verkehrsbefragungsgutachten spezialisierter Institute dargelegt. Der Supermarkt-Konzern rüstet sich für die weitere Auseinandersetzung mit dem Safthersteller mit einer eigens durchgeführten Verkehrsbefragung. Der Berichterstattung zufolge befragt diese Kette nun ihre eigenen Kunden mithilfe eines Online-Quiz, ob sie die gegenübergestellten Saftflaschen verwechseln würden.
Man darf gespannt sein, wie der Handelsstreit weitergeht. Gegen das Urteil des Landgericht Hamburgs ist das Rechtsmittel der Berufung statthaft.

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Lucie Ludwig, LL.B. (Köln-Paris1)

Lucie Ludwig, LL.B. (Köln-Paris1)

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