OVG NRW erklärt mit Beschluss vom 01.04.2019 (Az.: 12 B 43/19) Wiederbelegungssperre zur Durchsetzung der Einzelzimmerquote in Altenpflegeheimen für rechtswidrig

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat der Beschwerde eines durch CBH vertretenen Trägers eines Altenpflegeheims in Köln stattgegeben. Der Träger hatte sich gegen eine sogenannte Wiederbelegungssperre zur Wehr gesetzt, die die Stadt Köln zur Durchsetzung einer Einzelzimmerquote in Pflegeheimen von 80 % angeordnet hatte.

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat der Beschwerde eines durch CBH vertretenen Trägers eines Altenpflegeheims in Köln stattgegeben. Der Träger hatte sich gegen eine sogenannte Wiederbelegungssperre zur Wehr gesetzt, die die Stadt Köln zur Durchsetzung einer Einzelzimmerquote in Pflegeheimen von 80 % angeordnet hatte.

Die Fälle

Nach dem nordrhein-westfälischen Wohn- und Teilhabegesetz müssen bestehende Pflegeeinrichtungen bis zum 31.07.2018 einen Anteil der Einzelzimmer von mindestens 80 % innerhalb eines Gebäudes oder eines räumlich verbundenen Gebäudekomplexes aufweisen. Sowohl der von CBH vertretene gemeinnützige Betreiber als auch ein weiterer Betreiber aus dem Kreis Gütersloh hatten zum Stichtag bereits Schritte eingeleitet, um die Quote nach anstehenden Umbau- bzw. Neubaumaßnahmen künftig zu erfüllen. Dennoch gaben die Stadt Köln und der Kreis Gütersloh den Betreibern auf, ab August 2018 in ihren Einrichtungen frei werdende Plätze so lange nicht wieder zu belegen, bis eine Einzelzimmerquote von 80 % erreicht sei.

Die Entscheidungen

Das Oberverwaltungsgericht hat den Beschwerden der Betreiber gegen die erstinstanzlichen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte Köln und Minden stattgegeben und diese geändert. Seine Beschlüsse begründete das Oberverwaltungsgericht damit, dass die Wiederbelegungssperren ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig seien, weil die Stadt und der Kreis sich an die Vorgaben des ministeriellen Erlasses des MAGS gebunden gefühlt hätten.

Die Feststellungen des Ministeriums seien jedoch teilweise unzutreffend.

Fälschlicherweise hatte das Ministerium darauf abgestellt, dass die Betreiber von Pflegeeinrichtungen schon auf Grund der im Jahre 2008 eingeführten Rechtsvorschriften des Wohn- und Teilhabegesetzes und der zugehörigen Durchführungsverordnung „zwingend“ hätten erkennen können, dass die Erfüllung der Einzelzimmerquote ordnungsrechtlich ab 2018 gefordert sein werde.

Mit der Verordnung sei jedoch lediglich für bestehende Einrichtungen der Eingliederungshilfe eine Einzelzimmerquote von 80 % vorgegeben worden, nicht jedoch für bereits bestehende Pflegeeinrichtungen. Eine solche Quote für Pflegeeinrichtungen sei seinerzeit lediglich bei Neubauten sowie bei Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen gefordert worden. Erst durch das im Oktober 2014 in Kraft getretene Recht seien die Betreiber bestehender Pflegeeinrichtungen ordnungsrechtlich dazu verpflichtet worden, einen 80%igen Anteil von Einzelzimmern bis Ende Juli 2018 zu realisieren. Zudem sei für die Betreiber lediglich der künftige Fortfall staatlicher Leistungen zu befürchten gewesen, eine ordnungsrechtliche Pflicht habe nicht bestanden.

Das Oberverwaltungsgericht hat zudem Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der durch das Inkrafttreten des Wohn- und Teilhabegesetzes 2014 in Gang gesetzten ordnungsrechtlichen Umsetzungsfrist von nahezu vier Jahren geäußert. Es spräche viel dafür, dass die Fristsetzung bis zum 31.07.2018 besonders angesichts des häufig beträchtlichen finanziellen und organisatorischen Aufwandes und der langen Verwaltungsverfahrensdauer zu knapp bemessen sei.

Von einer abschließenden Bewertung sah das Oberverwaltungsgericht jedoch ab, da die Wiederbelegungssperren selbst bereits ermessensfehlerhaft und daher rechtswidrig waren.

Konsequenzen

Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts betrifft zunächst die zwei Altenpflegeheime, deren Träger sich gegen die Wiederbelegungssperren und erstinstanzlichen Entscheidungen gewehrt haben. Noch zu klären sein wird die Frage, ob auch Träger, die sich rechtlich nicht gegen die Wiederbelegungssperren gewehrt haben, eine Aufhebung der Sperren erwirken können. Ebenfalls im Raum steht die Geltendmachung möglicher Schadenersatzansprüche betroffener Träger auf Grund verhängter Wiederbelegungssperren.