Landesbauordnung NRW soll 2017 nicht vollständig in Kraft treten

Ina Scharrenbach, neue Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen, will der Landesregierung ein Moratorium von zwölf Monaten vorschlagen.

Nach der Pressemitteilung vom 14.07.2017 des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen sollen die Teile der „neuen“ Landesbauordnung, die zum 28.12.2017 in Kraft treten sollen, erst zwölf Monate später, nämlich am 28.12.2018, in Kraft treten. Die Zeit soll dafür genutzt werden, die Neuregelung der BauO NRW, die durch die Vorgängerregierung „auf den Weg gebracht wurde“, zu prüfen. Dabei sollen baukostensteigernde Regulierungen und Vorgaben auf den Prüfstand mit dem Ziel, „ein Klima für Neubau zu schaffen“.

Um schnell Rechtssicherheit zu erzeugen, will die neue Landesregierung in einem ersten Schritt nach der parlamentarischen Sommerpause einen Gesetzentwurf zur Verankerung des Moratoriums in der BauO NRW in die parlamentarischen Beratungen einbringen.

Wird das Moratorium wie geplant vom Landesgesetzgeber gebilligt, sollen sich auch weitere Fristen verschieben:

Nach der aktuellen Regelung der „neuen“ BauO NRW waren Bauanträge, die bis zum 01.10.2017 vollständig und ohne erhebliche Mängel eingereicht wurden, auf Antrag des Bauherrn nach altem Recht zu behandeln. Diese Frist soll nunmehr auf den 01.10.2018 verschoben werden. Ferner soll das Freistellungsverfahren, das durch die Vorgängerregierung abgeschafft wurde, jedenfalls bis zum 01.10.2018 weiter gelten. Darüber hinaus wird auch die Frist, innerhalb derer die Gemeinden Stellplatzsatzungen erlassen sollen, um ein Jahr verlängert. Unberührt vom Moratorium sind die Neuregelungen des Bauproduktenrechts, die bereits seit dem 28.06.2017 in Kraft getreten sind.

Vor dem Hintergrund dieser zu begrüßenden neuen Entwicklungen sollten sich die Akteure der Immobilienwirtschaft aktiv einbringen, damit auch in Nordrhein-Westfalen in Ballungsräumen dringend erforderlicher neuer Wohnraum zu für die breite Bevölkerung erschwinglichen Preisen geschaffen werden kann.

Ein Hauptaugenmerk sollte dabei auf die verschärften Regelungen zur Barrierefreiheit gelegt werden, die insbesondere beim Bauen im Bestand zu einer Kostenexplosion führen können, wenn sie technisch überhaupt durchführbar sind. Die Praxis zeigt, dass die ohnehin oftmals schwierige Revitalisierung von Bestandsbauten auch aufgrund der hohen Anforderungen an die Barrierefreiheit an die Grenzen des technisch Machbaren bzw. des wirtschaftlich Sinnvollen stößt. Dies gilt insbesondere für größere Objekte mit mehr als 15 Wohnungen, bei denen zwei Wohnungen (nach der „neuen“ BauO NRW) uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbar sein müssen. Um diese uneingeschränkte Nutzbarkeit mit dem Rollstuhl zu erreichen, bedarf es einer grundsätzlich anderen Raumaufteilung und eines anderen Raumzuschnitts als in „normalen“ Wohnungen. Für den „normalen Nutzer“ sind derartige Wohnungen unattraktiv und werden am Markt kaum nachgefragt. Vor diesem Hintergrund ist die neue Landesregierung gut beraten, hier bedarfsgerecht und insbesondere vorhabenbezogen nachzuregeln. Hier ist insbesondere auch ein Augenmerk auf die Realisierbarkeit von Anforderungen bei der Revitalisierung von Bestandsobjekten zu legen.

Die in der „neuen“ BauO NRW vorgesehene Regelung, nach der Abweichungen bei Änderungen oder Nutzungsänderung von Gebäuden zugelassen werden können, soweit die Anforderungen nur mit unverhältnismäßigem Mehraufwand erfüllt werden können, ist diesbezüglich nicht hinreichend, da hierdurch die Genehmigung der Abweichung in das Ermessen der jeweiligen Bauaufsichtsbehörde gestellt wird und der Bauherr keinen Anspruch auf Genehmigung hat.

Im Hinblick darauf, dass die zuvor dargestellte Problematik zu den Anforderungen des barrierefreien Bauens nur ein Beispielsfall kostentreibender „Überregulierung“ ist, ist das angekündigte Moratorium das richtige Signal, um der „Baukostenexplosion“ durch unnötige Überregulierungen entgegenzutreten.