Verstoß gegen das Kapitalerhaltungsgebot durch Gewährung von Darlehenssicherheiten

Der BGH hat mit Urteil vom 21.03.2017 klargestellt, dass eine verbotene Auszahlung im Sinne von § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG zu Lasten des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens bei einer dinglichen Sicherheit für den Darlehensrückzahlungsanspruchs eines Sicherungsnehmers gegen den Gesellschafter schon im Zeitpunkt der Bestellung und nicht erst im Zeitpunkt der Verwertung einer solchen Sicherheit vorliegen kann (BGH, Urteil vom 21.03.2017, Az.: II ZR 93/16).

Der Fall

In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte eine GmbH & Co. KG zur Absicherung eines Darlehens eines ihrer Kommanditisten eine Buchgrundschuld an einem der Gesellschaft gehörenden Grundstück bestellt, die in der späteren Insolvenz der Gesellschaft zur Befriedigung des Sicherungsnehmers, einer Bank, verwertet wurde.

Die Entscheidung

Der BGH stellt in seinem Urteil klar, dass schon die Bestellung der Sicherungsgrundschuld als Auszahlung im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG in Betracht kommt und stellt sich damit gegen die in Teilen in der Literatur vertretene Auffassung, wonach es zu einer Auszahlung im Sinne der Kapitalerhaltungsvorschriften erst kommt, wenn eine Inanspruchnahme der Sicherheit droht.

Zur Begründung seiner Entscheidung führt der BGH an, dass auch mit der Überlassung einer Grundschuld für Zwecke der Kreditbeschaffung dem Gesellschafter Vermögen der Gesellschaft zur Verfügung gestellt wird, das in diesem Umfang dann dem Zugriff der übrigen Gläubiger der Gesellschaft entzogen ist. Dass sich die Bestellung der Sicherheit in der Handelsbilanz nicht unmittelbar auswirkt, steht dem nach Auffassung des BGH nicht entgegen; der BGH gibt hier einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise den Vorzug vor einer strikten Orientierung an den handelsrechtlichen Bilanzierungsgrundsätzen.

In Bezug auf § 30 Abs. 1 Satz 2 GmbHG, wonach bei Leistungen der Gesellschaft, welche durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt sind, keine Auszahlung vorliegt, stellt der BGH für die Bestellung einer dinglichen Sicherheit auf den Anspruch der Gesellschaft gegen ihren Gesellschafter ab, sie von der Inanspruchnahme der Sicherheit bei Fälligkeit des Darlehens freizustellen. Dieser Freistellungsanspruch ist vollwertig, wenn der Ausfall des Darlehensrückzahlungsanspruchs des Sicherungsnehmers aus der ex-ante-Perspektive im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung unwahrscheinlich ist. Ist der Freistellungsanspruch bei der Bestellung der Sicherheit nicht werthaltig, liegt bereits in der Bestellung die Auszahlung im Sinne von § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG; nachfolgende Verschlechterungen sind dann ohne Bedeutung.

War der Freistellungsanspruch bei der Bestellung der Sicherheit werthaltig, ist wie bei der Gewährung eines Darlehens eine spätere Verschlechterung der Vermögenslage des Gesellschafters für das Vorliegen einer Auszahlung grundsätzlich nicht von Bedeutung. Daran ändert auch die Pflicht des Geschäftsführers nichts, die Vermögensverhältnisse des Gesellschafters zu beobachten und auf eine sich nach der Sicherheitenbestellung andeutende Bonitätsverschlechterung mit der Anforderung von Sicherheiten oder der Durchsetzung des Freistellungsanspruchs zu reagieren. Denn die Unterlassung solcher Maßnahmen kann zwar zur Schadenersatzpflicht des Geschäftsführers nach § 43 Abs. 2 GmbHG führen, stellt jedoch keine Auszahlung im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG dar.

Die Verwertung einer dinglichen Sicherheit durch den Sicherungsnehmer zur Befriedigung einer Forderung gegen den Gesellschaft führt nach Ansicht des BGH ebenfalls nicht zu einer Auszahlung im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG. Denn nach Auffassung des BGH scheidet die von der Gesellschaft zu Gunsten ihres Gesellschafters gewährte Sicherheit bereits mit der Bestellung aus dem Vermögen der Gesellschaft aus und allein dieser Zeitpunkt ist für die Beurteilung eines Verstoßes gegen die Kapitalerhaltungspflicht maßgeblich.

Liegt somit ein etwaiger Verstoß gegen § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG somit im Zeitpunkt der Bestellung der Sicherheit, beginnt entsprechend auch die Verjährungsfrist für die Erstattungsansprüche gem. § 31 GmbHG mit der Bestellung als verbotswidriger Auszahlung. In dem vom BGH zu entscheidenden Fall scheiterten die einklagten Erstattungsansprüche denn auch an der erfolgreich erhobenen Einrede der Verjährung.  

Praxistipp

Da nicht jede Fallkonstellation zu einem aus Sicht der Erstattungspflichtigen so glimpflichen Ausgang führt, sollte bei der Stellung von Sicherheiten durch eine GmbH für Forderungen gegen ihren Gesellschafter immer eine betragsmäßige Beschränkung auf das frei verfügbare, also nicht zur Erhaltung des Stammkapitals nach § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG benötigte Kapital vereinbart werden.