Neues vom BFH zum Ausscheiden aus einer Mitunternehmerschaft

Der BFH hat durch zwei Entscheidungen aus März 2017 die Anwendung der Realteilungsgrundsätze, die ein gewinnneutrales Ausscheiden aus einer Mitunternehmerschaft (Personengesellschaft) ermöglichen, ausgedehnt (Urteil vom 16.03.2017, IV R 31/14 und Urteil vom 30.03.2017, IV R 11/15)

Rechtliche Einordnung

Rechtliche Grundlage der Realteilungsgrundsätze ist § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG. Diese Vorschrift bestimmt, dass bei Übertragung von Teilbetrieben, Mitunternehmeranteilen oder einzelnen Wirtschaftsgütern in das jeweilige Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer im Zuge der Realteilung einer Mitunternehmerschaft (= Personengesellschaft) diese Wirtschaftsgüter bei der Ermittlung des Gewinns der Mitunternehmerschaft mit den Werten anzusetzen sind, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben (= Buchwerte).

1.    Urteil vom 16.03.2017, IV R 31/14

In diesem Urteil hat der BFH entschieden, dass die Grundsätze der Realteilung nicht nur für die Auflösung einer Mitunternehmerschaft und Verteilung des Betriebsvermögens unter den Mitunternehmern – die sogenannte „echte Realteilung“ – gelten, sondern auch für das Ausscheiden mindestens eines Mitunternehmers aus einer fortbestehenden Mitunternehmerschaft unter Mitnahme von mitunternehmerischem Vermögen – sogenannte „unechte Realteilung“ – anwendbar sind.

Der Begriff der Realteilung ist gesetzlich nicht definiert. Zunächst wurde die Realteilung vom BFH ertragsteuerlich nur als die Aufgabe einer Mitunternehmerschaft durch Aufteilung ihres Vermögens unter den Mitunternehmern verstanden, bei der zumindest einer der bisherigen Mitunternehmer die ihm bei der Aufteilung zugewiesenen Wirtschaftsgüter in ein anderes Betriebsvermögen überführt. Nach neuerer Rechtsprechung des BFH finden die Regelungen über die Realteilung jedoch nicht nur bei der Auflösung der Mitunternehmerschaft und Verteilung des Betriebsvermögens, sondern auch dann Anwendung, wenn mindestens ein Mitunternehmer unter Mitnahme von mitunternehmerischem Vermögen aus einer zwischen den übrigen Mitunternehmern fortbestehenden Mitunternehmerschaft ausscheidet. Das Ausscheiden eines Mitunternehmers unter Mitnahme von Gesellschaftsvermögen wird demnach nicht mehr als Veräußerung eines Anteils sondern als dessen Aufgabe beurteilt, denn die Realteilung im Sinne des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG ist ein Sonderfall der Betriebsaufgabe.

Die für die Anwendung der Realteilungsgrundsätze erforderliche Betriebsaufgabe setzt nach Auffassung des BFH nicht voraus, dass die wesentlichen Betriebsgrundlagen des Betriebs an unterschiedliche Personen verteilt bzw. veräußert werden. Entscheidend ist vielmehr, so der BFH, dass das Betriebsvermögen aufhört, gerade der gewerblichen Tätigkeit desjenigen zu dienen, dem der Betrieb zugerechnet wird. Dagegen setzt die Anwendung der Realteilungsgrundsätze nicht voraus, dass alle Mitunternehmer den jeweils zugeteilten Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelnen Wirtschaftsgüter ausnahmslos in ein eigenes Betriebsvermögen übertragen. Vielmehr ist insoweit eine personen- und objektbezogene Betrachtung erforderlich, wobei es genügt, wenn jedenfalls einer der Realteiler eine der ihm zugeteilten Betriebsgrundlagen in ein eigenes Betriebsvermögen übernimmt.

2.    Urteil vom 30.03.2017, IV R 11/15

In seiner zweiten Entscheidung hat der BFH klargestellt, dass es für die Anwendung der Realteilungsgrundsätze genügt, wenn die Abfindung nicht in der Übertragung eines Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils, sondern in der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter besteht. Mit dieser Entscheidung stellt sich der BFH gegen das BMF-Schreiben vom 20.12.2016. Nach Auffassung des BFH ist in allen Fällen einer Sachwertabfindung das Ausscheiden des Mitunternehmers als Aufgabe seines Mitunternehmeranteiles im Sinne des § 16 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 EStG zu behandeln und dementsprechend die Regelungen über die Realteilung nach § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG anzuwenden. Für die strengeren Anforderungen, wie sie die Finanzverwaltung an die Anwendung der Realteilungsregelungen stellt – nur bei Sachwertabfindungen mit Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen – sieht der BFH im Wortlaut der gesetzlichen Regelung keine Stütze.

Fazit

Durch die beiden vorgenannten Entscheidungen hat der BFH die Möglichkeiten eines gewinnneutralen Ausscheidens aus einer Personengesellschaft unter Fortführung der Buchwerte erheblich erweitert.