Kein Anspruch auf Erholungsurlaub während vereinbarten Sonderurlaubs

Nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG Urteil vom 19.03.2019 – 9 AZR 315/17) bleiben bei der Berechnung des gesetzlichen Mindesturlaubs Zeiten eines unbezahlten Sonderurlaubs unberücksichtigt.

Nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG Urteil vom 19.03.2019 – 9 AZR 315/17) bleiben bei der Berechnung des gesetzlichen Mindesturlaubs Zeiten eines unbezahlten Sonderurlaubs unberücksichtigt.

Der Fall

Arbeitgeber und Arbeitnehmerin vereinbarten einen unbezahlten Sonderurlaub, was dazu führte, dass die Arbeitnehmerin im Jahr 2014 überhaupt nicht arbeitete. Nachdem die Arbeitnehmerin aus dem Sonderurlaub zurückkehrte, verlangte sie vom Arbeitgeber die Gewährung des gesamten gesetzlichen Mindesturlaubs für das Jahr 2014 in Höhe von 20 Tagen. Sie war der Ansicht, trotz des Sonderurlaubs den vollen Urlaubsanspruch erworben zu haben. Auf das Arbeitsverhältnis fand der TVöD Anwendung, der in § 26 Abs. 2 lit. c) eine anteilige Kürzung des Urlaubsanspruchs um 1/12 für jeden Monat, in dem das Arbeitsverhältnis ruht, vorsieht.

Die Entscheidung

Während das BAG im Jahr 2014 (BAG Urteil vom 06.05.2014 – 9 AZR 678/12) noch die Auffassung vertrat, das Bestehen des Arbeitsverhältnisses sei alleinige Voraussetzung für die Entstehung von Urlaubsansprüchen, nicht aber die Erbringung von Arbeitsleistung, hält es an dieser Rechtsprechung ausdrücklich nicht mehr fest. Nunmehr „besinnt“ sich das BAG wieder auf den grundlegenden Sinn von Urlaub: die Erholung von geleisteter Arbeit. Haben die Parteien wie im Falle eines unbezahlten Sonderurlaubs also die gegenseitigen Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis ausgesetzt, sodass der Arbeitnehmer zur Erbringung der Arbeitsleistung nicht verpflichtet ist, erwirbt der Arbeitnehmer für diesen Zeitraum keinen Urlaubsanspruch. Zur Begründung zieht das Gericht eine Parallele zu Teilzeitarbeitsverhältnissen. Arbeitet ein Teilzeitarbeitnehmer z. B. 3 Tage die Woche, steht ihm im Jahr, ausgehend von einem Urlaubsanspruch von 24 Tagen bei einer 6-Tage-Woche, gesetzlicher Mindesturlaub im Umfang von 13 Tagen zu. Arbeitet ein Arbeitnehmer demnach 0 Tage in der Woche, erwirbt er auch 0 Tage Urlaub. Durch die Orientierung am Arbeitsrhythmus des Arbeitnehmers ist gewährleistet, dass alle Arbeitnehmer im Verhältnis zueinander einen gerechten Urlaubsanspruch erwerben. Eine Verletzung von § 3 BUrlG sei dadurch nicht zu befürchten, sodass – im Unterschied zur Rechtsauffassung im Jahr 2014 – eine Regelung, die – wie im TVöD – eine anteilige Kürzung für Zeiten eines ruhenden Arbeitsverhältnisses vorsieht, nach Ansicht des Senats wirksam ist.

Konsequenzen für die Praxis

Die Argumentation des BAG lässt bereits nach der Pressemitteilung den Schluss zu, dass nicht nur tarifvertragliche, sondern auch individualvertragliche Kürzungsregelungen voraussichtlich wirksam sein dürften.

Ob die Rechtsprechung des BAG auch auf andere Fälle eines ruhenden Arbeitsverhältnisses übertragbar ist, bleibt zweifelhaft. Die entscheidende Besonderheit bei unbezahltem Sonderurlaub ist, dass es sich um eine vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien handelt und damit die Hauptleistungspflichten im gegenseitigen Einverständnis suspendiert werden. Damit liegt ein wesentlicher Unterschied zu anderen möglichen Gründen für ruhende Arbeitsverhältnisse, wie z. B. ein Beschäftigungsverbot wegen Schwangerschaft oder danach, vor.