Probezeitverlängerung leicht gemacht

In den ersten sechs Monaten eines Arbeitsverhältnisses gilt der Grundsatz der Kündigungsfreiheit. Ist der Arbeitgeber sich der Befähigung des Arbeitnehmers zum Ablauf des v. g. Zeitraums nicht sicher, wird häufig eine Probezeitkündigung ausgesprochen. Doch ist auch eine Verlängerung der Probezeit möglich? (BAG, 07.03.2002 – 2 AZR 93/01; Fuhlrott, NZA 2017, 1433)

Ausgangssituation

Während der ersten sechs Monate eines Arbeitsverhältnisses ist das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar (sogenannte Wartezeit). Darüber hinaus weisen Arbeitsverträge in den ersten sechs Monaten häufig Probezeitabreden auf, welche die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit einer kurzen Kündigungsfrist ermöglichen. Insbesondere bei Führungskräften, komplizierten Tätigkeiten, Teilzeitkräften oder längeren Abwesenheitszeiten während der Probezeit können die ersten sechs Monate manchmal nicht ausreichen, um die Bewährung des Arbeitnehmers für die konkrete Stelle ausreichend festzustellen. Glücklicherweise formuliert die Rechtsprechung recht eindeutige Kriterien, unter denen eine Probezeit verlängert werden kann.

Die Rechtsprechung

Bereits im Jahr 2002 entschied das Bundesarbeitsgericht, dass sowohl eine Kündigung ausgesprochen bzw. ein Aufhebungsvertrag abgeschlossen werden kann, der die Probezeit „verlängert“. Sieht der Arbeitgeber die sechsmonatige Probezeit als nicht bestanden an, so kann er regelmäßig, ohne rechtsmissbräuchlich zu handeln, anstatt das Arbeitsverhältnis innerhalb der Frist des § 1 Satz 1 KSchG mit der kurzen Probezeitkündigungsfrist zu beenden, dem Arbeitnehmer eine Bewährungschance geben, indem er mit einer überschaubaren, längeren Kündigungsfrist kündigt und dem Arbeitnehmer für den Fall seiner Bewährung die Wiedereinstellung zusagt. Diese Grundsätze gelten auch für einen entsprechenden Aufhebungsvertrag (BAG, 07.03.2002 – 2 AZR 93/01). Als überschaubare, längere Kündigungsfrist sah das BAG im vorgenannten Fall eine Kündigungsfrist von vier Monaten an, so dass die Arbeitsvertragsparteien faktisch fast zehn Monate durch den ursprünglichen Arbeitsvertrag gebunden waren. Eine unzulässige Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes bzw. eine verdeckte unzulässige Befristung des Arbeitsverhältnisses sah das BAG nicht. Ähnlich entschieden das LAG Mecklenburg-Vorpommern (24.06.2014 – 5 Sa 222/13) sowie das LAG Baden-Württemberg (06.05.2015 – 4 Sa 94/14).

Gestaltungshinweis

Folgende Gestaltungsvoraussetzungen müssen Arbeitgeber beachten:

  • Gestaltung durch Kündigung oder Aufhebungsvereinbarung zulässig
  • Zugang der Kündigung/ Vereinbarung des Aufhebungsvertrags während laufender Probezeit
  • Kündigungsfrist (bzw. „Laufzeit“ des Aufhebungsvertrags) maximal vier Monate, jedenfalls keine Überschreitung der höchstzulässigen Frist
  • (bestenfalls schriftliche) Mitteilung an den Arbeitnehmer, dass er sich während der Probezeit nicht bewährt hat, ihm allerdings eine weitere Chance eingeräumt werden soll
  • Wiedereinstellungszusage für den Fall der Bewährung

Fazit

Die Möglichkeit einer Probezeitverlängerung stellt ein sinnvolles, praktisches Mittel und eine Alternative zur Probezeitkündigung sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer dar. Arbeitgeber müssen jedoch die oben genannten Voraussetzungen für eine rechtssichere Gestaltung beachten. Insbesondere darf die Verlängerung nicht nur zur Verfolgung eigener Interessen, z. B. wegen einer kurzfristigen Auftragsspitze oder Überbrückung von Personalmangel, erfolgen.

Quellen:

Aktueller Gesamtüberblick: Fuhlrott NZA 2017, 1433
BAG 07.03.2002 – 2 AZR 93/01
LAG Mecklenburg-Vorpommern 24.06.2014 – 5 Sa 222/13
LAG Baden-Württemberg 06.05.2015 – 4 Sa 94/14