Keine Anrechnung von Vordienstzeiten im Beamtenverhältnis

Das BAG hat entschieden, dass Vordienstzeiten im Beamtenverhältnis nicht bei der Berechnung der Beschäftigungszeit nach § 34 Abs.3 TV-L zu berücksichtigen sind (BAG 29.06.2017 - 6 AZR 364/16).

Der Fall

Die Klägerin ist angestellte Lehrerin und steht in einem Arbeitsverhältnis zum Land Nordrhein-Westfalen. Die Parteien stritten um die Anerkennung von Vorbeschäftigungszeiten im Sinne des § 34 Abs.3 TV-L. § 34 Abs.3 TV-L lautet auszugsweise:

„Beschäftigungszeit ist die Zeit, die bei demselben Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis zurückgelegt wurde, auch wenn sie unterbrochen ist. (…) Wechseln Beschäftigte zwischen Arbeitgebern, die vom Geltungsbereich dieses Tarifvertrages erfasst werden, werden die Zeiten bei dem anderen Arbeitgeber als Beschäftigungszeit anerkannt. Satz 3 gilt entsprechend bei einem Wechsel von einem anderen öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber.“ ?

Die Klägerin absolvierte zuvor ihren Vorbereitungsdienst in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf beim beklagten Land. Nach Abschluss des Vorbereitungsdienstes war sie bis 2002 ca. vier Jahre bei zwei weiteren Bundesländern als angestellte Lehrerin beschäftigt. Im Anschluss begann ihre Tätigkeit als verbeamtete Lehrerin für den Freistaat Thüringen. Da die Klägerin in den Jahren 2012/2013 den Wunsch äußerte, nach Nordrhein-Westfalen zu ziehen, beendete die Klägerin das Beamtenverhältnis zum Freistaat Thüringen und wechselte als nunmehr wieder angestellte Lehrkraft zum 01.08.2013 nach Nordrhein-Westfalen.

Im Oktober 2013 setzte das beklagte Land Nordrhein-Westfalen die Beschäftigungszeit der Klägerin nach § 34 Abs.3 TV-L fest und berücksichtigte dabei nur den zuletzt beim Land Nordrhein-Westfalen „zurückgelegten“ Zeitraum.

Die Klägerin erhob Klage und beantragte, festzustellen, dass es sich bei den o. g. Vordienstzeiten um Beschäftigungszeiten im Sinne des § 34 Abs.3 TV-L handelt. Die Beschäftigungslänge ist für den Anspruch auf Jubiläumszahlung (§23 Abs.2 TV-L), Dauer der Kündigungsfrist (§ 34 Abs.1 TV-L) und den Zuschuss zum Krankengeld (§ 22 Abs.3 TV-L) relevant.

Sie war der Ansicht, dass auch die Phasen im Beamtenverhältnis als Beschäftigungszeit anzurechnen seien. Als Argumente führte sie u. a. auf, dass die Vorgängerregelung des § 19 Abs. 3 BAT auch Beamtenverhältnisse bei der Anrechnung ausdrücklich berücksichtigte und daher die mangelnde Erwähnung in § 34 Abs.3 TV-L lediglich ein Redaktionsversehen sei. Eine anderslautende Entscheidung würde zudem gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs.1 GG verstoßen. Auch die Zeiten im Vorbereitungsdienst sowie die ca. vier Jahre Beschäftigungszeit als Arbeitnehmerin seien zu ihren Gunsten anzurechnen.

Die Klägerin unterlag in den Vorinstanzen.

Die Entscheidung

Auch die Revision der Klägerin vor dem 6. Senat des BAG hatte keinen Erfolg. Nach Ansicht des BAG berücksichtige § 34 Abs.3 S.3 TV-L seiner Auslegung nach Wortlaut, Zusammenhang und Zweck nur Arbeitsverhältnisse bei anderen Arbeitnehmern. Die Tarifverträge TV-L und TVöD sind aus dem BAT und BAT-O entwickelt worden. Hätten die Tarifvertragsparteien eine zu § 19 Abs.3 BAT/BAT-O vergleichbare Regelung treffen wollen, hätten sie eine entsprechende Passage in § 34 TV-L aufgenommen und diese nicht (bewusst) ausgenommen. So bestehe auch kein Raum für eine Analogie.

Eine Anrechnung der Zeiten in Beschäftigungsverhältnissen von 1998 – 2002 konnte wegen des zwischenzeitlichen Beamtenverhältnisses nicht erfolgen. Die Klägerin wechselte aus einem Beamtenverhältnis mit ihrem Dienstherrn, dem Freistaat Thüringen, in ein Beschäftigungsverhältnis mit dem Land NRW. Der Wechsel von NRW nach Thüringen war daher kein Wechsel zwischen Arbeitgebern, wie ihn § 34 Abs. 3 TV-L erfordert.

Fazit

Die Entscheidung des BAG stellt einen weiteren Baustein der Rechtsprechung zum Unterschied von Arbeits- und Beamtenverhältnissen dar. Auch wenn die eigentliche berufliche Tätigkeit – am Beispiel einer Lehrerin besonders gut darstellbar – identisch sein kann, weisen die zugrundeliegenden Rechtsverhältnisse (Beamten-/Arbeitsverhältnis) wesentliche Unterschiede auf; eine Gleichbehandlung ist nicht zwingend geboten (für eine besoldungs- und vergütungsrechtliche Fragestellung: BAG 13.11.2014 – 6 AZR 1055/12; zur „Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung im Anschluss an ein Beamtenverhältnis“ berichteten wir bereits).

Quellen:
BAG 29.06.2017 – 6 AZR 364/16
Vorinstanz: LAG Hamm 07.04.2016 – 11 Sa 1468/15