Keine Anfechtung ohne Täuschungshandlung und Verletzung von Aufklärungspflichten

Für die Anfechtung eines Aufhebungsvertrages, der im Zusammenhang mit dem Angebot eines anderen Arbeitsplatzes geschlossen wird, reicht es nicht aus, dass sich der Arbeitnehmer nur unzutreffende Vorstellungen von den neuen Arbeitsbedingungen machte (LAG Berlin-Brandenburg 11.03.2016 – 9 Sa 2236/15).

Sachverhalt:

Der Kläger stand als Lagerist in einem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten, einem Unternehmen der D. Gruppe. Die Beklagte bot dem Kläger unter Verweis auf einen Arbeitsplatzabbau in ihrem Lager einen Aufhebungsvertrag und eine „adäquate Beschäftigung“ im Großhandelslager der ebenfalls zur D. Gruppe gehörenden Teile & Logistik GmbH an. Nach einem dortigen Begehungstermin schlossen die Parteien einen Aufhebungsvertrag, und die Teile & Logistik GmbH stellte den Kläger zu einer Vergütung und Urlaubsansprüchen in gleicher Höhe als Lageristen ein. Nach der Arbeitsaufnahme bei der Teile & Logistik GmbH machte der Kläger die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten geltend – u.a. unter Berufung auf gesundheitliche Probleme und eine angebliche Täuschung über die Arbeitsbedingungen bei der Teile & Logistik GmbH durch die Beklagte. Das Arbeitsgericht Berlin wies die Klage mit Urteil vom 28.10.2015 (54 Ca 4805/15) ab.

Die Entscheidung:

Auch das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg verneinte das Vorliegen eines Anfechtungsgrundes und wies die Berufung des Klägers zurück. Die Beklagte habe dem Kläger weder Tatsachen vorgespiegelt noch Offenbarungspflichten verletzt. Die Teile & Logistik GmbH habe dem Kläger die von der Beklagten angebotene „adäquate Beschäftigung“ ermöglicht. Über die Arbeitsbedingungen habe er sich im Rahmen des Begehungstermins, bei dem auch die Möglichkeit der Nachfrage bestanden habe, informieren können. Der Arbeitsweg und die Lage des Arbeitsortes seinen ihm bekannt gewesen. Naturgemäß unterschieden sich die Arbeitsbedingungen in einem Großhandelslager von den Arbeitsbedingungen im Lager der Beklagten. Dass die Begehung nachmittags während einer Pause stattgefunden habe, lasse nicht auf die Absicht der Beklagten schließen, dem Kläger die tatsächlichen Arbeitsbedingungen im Betrieb der Teile & Logistik GmbH zu verschleiern. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, den Kläger über die dortige Arbeitszeiterfassung aufzuklären.

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts verdient Zustimmung. Eine arglistige Täuschung i.S.v. § 123 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass der Täuschende durch Vorspiegelung oder Entstellung objektiv nachprüfbarer Tatsachen bei dem Erklärungsgegner einen Irrtum erregt und ihn hierdurch zur Abgabe einer Willenserklärung veranlasst. Eine Täuschung kann auch in dem Verschweigen von Tatsachen liegen, sofern der Erklärende zu deren Offenbarung verpflichtet war. „Arglist“ i.S.v. § 123 Abs. 1 BGB bedeutet, dass der Täuschende weiß oder billigend in Kauf nimmt, dass seine Behauptungen nicht der Wahrheit entsprechen oder mangels Offenbarung bestimmter Tatsachen irrige Vorstellungen beim Erklärungsgegner entstehen oder aufrechterhalten werden. Im vorliegenden Fall bestand kein Anhaltspunkt für eine Täuschung des Klägers durch die Beklagte. Erst recht konnte nicht von Arglist ausgegangen werden.