Kammergericht bestätigt Unwirksamkeit von Google-Klauseln in Datenschutzerklärung und Nutzungsbedingungen

Das Kammergericht hat die von Google im Jahr 2012 verwendete „Datenschutzerklärung“ mit Entscheidung vom 21.03.2019 (Az: 23 U 268/13) zum großen Teil für rechtswidrig erklärt sowie zahlreiche Klauseln in den Google-Nutzungsbedingungen für unwirksam befunden.

Das Kammergericht hat die von Google im Jahr 2012 verwendete „Datenschutzerklärung“ mit Entscheidung vom 21.03.2019 (Az: 23 U 268/13) zum großen Teil für rechtswidrig erklärt sowie zahlreiche Klauseln in den Google-Nutzungsbedingungen für unwirksam befunden.

Sachverhalt

In seiner Datenschutzerklärung aus dem Jahr 2012 hatte sich Google umfangreiche Rechte zur Erhebung und Nutzung der Kundendaten vorbehalten. Google hatte unter anderem vorgesehen, gerätespezifische Informationen und Standortdaten zu erfassen sowie personenbezogene Daten aus den verschiedenen Google-Diensten miteinander zu verknüpfen. Auch eine Weitergabe persönlicher Daten an andere Unternehmen sollte in bestimmten Fällen möglich sein. Vor einer Anmeldung bei Google mussten Kundinnen und Kunden durch Ankreuzen eines Kästchens erklären, dass sie mit den Nutzungsbedingungen einverstanden sind und die Datenschutzerklärung gelesen haben.

Das LG Berlin hatte der Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) stattgegeben und zahlreiche Klauseln in der Datenschutzerklärung und in den Nutzungsbedingungen für unwirksam erklärt.

Entscheidung

Das Kammergericht hat die erstinstanzliche Entscheidung nunmehr bestätigt.

Nach Auffassung des Kammergerichts verstoßen die beanstandeten Teile der Datenschutzerklärung gegen die Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO). Google erwecke den Eindruck, als sei die beschriebene Datenverarbeitung ohne Zustimmung der Kunden erlaubt. Tatsächlich sei für die Nutzung personenbezogener Daten in den vom vzbv beanstandeten Fällen jedoch eine informierte und freiwillige Einwilligung erforderlich. Die einfache Bestätigung von Verbrauchern, die Datenschutzerklärung gelesen zu haben, reiche hierfür nicht aus. Das Gericht erachtete Teile der Datenschutzerklärung auch deshalb für unwirksam, weil sie so verschachtelt und redundant ausgestaltet seien, dass durchschnittliche Leser sie kaum noch durchschauen könnten. Diese müssten davon ausgehen, dass letztlich jede Nutzung personenbezogener Daten erlaubt sei, die Google für zweckmäßig halte.

Unwirksam seien auch zahlreiche Nutzungsbedingungen. Das Unternehmen behalte sich zum Beispiel vor, einzelne Dienste nach eigenem Ermessen einzustellen oder zu ändern. Darin sah das Kammergericht einen gesetzlich nicht zulässigen Änderungsvorbehalt. Google könne die versprochenen Leistungen nur ändern, wenn dies für die Verbraucher auch zumutbar sei. Eine solche Einschränkung enthalte die Klausel nicht.

Anmerkung

Google hat Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH eingelegt.

Ob diese erfolgreich sein wird, dürfte zu bezweifeln sein, wobei gleichwohl im Hinblick auf die datenschutzrechtliche Bewertung einzelner Klauseln durch das Kammergericht zu konstatieren ist, dass das Gericht eine Prüfung einer Nutzungsberechtigung auf Grundlage berechtigter Interessen gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f) DS-GVO gar nicht erst vorgenommen, sondern eine Prüfung allein auf eine Berechtigung gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. a) DS-GVO (Einwilligung) und Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. b) DS-GVO (Vertragserfüllung bzw. Leistungserbringung) eingeengt hat.

Einen zentralen Aspekt nimmt das Kammgericht aber insgesamt wohl vollkommen zu Recht in den Blick, nämlich die Frage nach einer hinreichenden Verständlichkeit und Klarheit der Datenschutzerklärung. Legt man die Maßstäbe der DS-GVO an die Form der Erteilung von Informationen gemäß Art. 12 Abs. 1 DS-GVO an, wonach die umfangreichen Informationen der Art. 13, 14 DS-GVO in „präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache zu übermitteln“ sind, verwundert es kaum, dass das Kammergericht gerade insoweit erhebliche „Bauchschmerzen“ mit den sehr umfangreichen und verschachtelten Google-Datenschutzhinweisen hat. Die Hinweise sind offenbar eher vom Konzept vermeintlicher Vollständigkeit getrieben und erschweren einen Gesamtüberblick, wobei es natürlich kein Geheimnis ist, dass gerade die DS-GVO-Anforderungen an die Erteilung von Informationen wegen des Spannungsverhältnisses zwischen vollständigen und präzisen Angaben auf der einen Seite und den Geboten der Verständlichkeit sowie Verwendung einer einfachen und klaren Sprache auf der anderen Seite an Grenzen stoßen. Dieses Problem wird man in der Praxis bei komplexen Diensten noch am ehesten durch eine verkürzte Darstellung der „Basics“ und eine Detaillierung für Informationen in der Tiefe realisieren können. Dass eine klare Struktur und aussagekräftige Überschriften hier einen erheblichen Beitrag für die Verständlichkeit leisten, dürfte auf der Hand liegen.

Im Übrigen ist die Entscheidung des Kammergerichts auch im Hinblick auf die bei Online-Diensten stark verbreiteten und oftmals kaum begrenzten Leistungs- und Bedingungsänderungsklauseln zu beachten. Das Kammergericht sieht hier kaum Spielraum, wobei man sich natürlich die Frage stellen kann, ob Leistungsänderungsvorbehalte bei kostenlosen Diensten nicht durchaus angemessen sein können. Gerade bei Online-Diensten stellt sich häufig das „Problem“, dass diese einer fortlaufenden Weiterentwicklung unterliegen, zumal viele Dienste auch nicht isoliert angeboten werden, sondern ein ganzes Bündel an Funktionen und Services zur Verfügung gestellt werden.

Zu Sachverhalt und Entscheidung (Quelle): Pressemitteilung des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) v. 16.04.2019

Urteil im Volltext: https://www.vzbv.de/sites/default/files/downloads/2019/04/16/google_llc_kg_u_12842-6_und7.pdf

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Dr. Sascha Vander, LL.M.

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