Wettbewerbsverstoß aufgrund der Angabe zweier unterschiedlicher Widerrufserklärungsempfänger in einer Widerrufsbelehrung

In seinem Urteil vom 30.11.2017 (Az. 4 U 88/17) bestätigt das OLG Hamm einen Wettbewerbsverstoß aufgrund der Angabe zweier voneinander abweichender Widerrufserklärungsempfänger innerhalb eines Abschnitts einer Widerrufsbelehrung.

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt einen Online-Shop, über den sie Sonnenschirme, Sonnensegel und Zubehör vertreibt. Die Beklagte vertreibt über die Internetplattform „Z“ ebenfalls Sonnenschirme und entsprechendes Zubehör.

Bis zum 22.10.2016 befand sich bei jedem Produktangebot der Beklagten auf ihrer Internetplattform ein mit der Überschrift „Widerrufsbelehrung“ versehener Text, welcher unter Abschnitt „4.1 Widerrufsrecht“ wie folgt lautete:

„(…) Um Ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie uns:

Y1 GmbH

D-Straße

K

##a##@##.##

TelNr: (…)

FaxNr: (…)

mittels einer eindeutigen Erklärung (…) über Ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren. Sie können dafür das beigefügte Muster-Widerrufsformular verwenden, das jedoch nicht vorgeschrieben ist. (…)“.

Das entsprechende Muster-Widerrufsformular – weiterhin unter Abschnitt „4.1 Widerrufsrecht“ – enthielt folgende Formulierung:

„Muster-Widerrufsformular

(Wenn Sie den Vertrag widerrufen wollen, dann füllen Sie bitte dieses Formular aus, und senden Sie es zurück.)

An Y2 GmbH, L-Weg, O, Fax: (…), ##b#@##.##

Hiermit widerrufe(n) ich/wir (…).“

Nachdem die Klägerin die Beklagte erfolglos abgemahnt hatte, reichte sie Klage beim Landgericht Arnsberg ein. Sie war der Ansicht, die in Rede stehende Widerrufsbelehrung sei unzureichend, da für den Verbraucher zweifelhaft sei, an welchen Empfänger er seine Widerrufserklärung adressieren müsse. So werde nämlich in der beanstandeten Widerrufsbelehrung zuerst die Beklagte und dann wiederum die „Y2 GmbH“ als Adressatin der Widerrufserklärung benannt.

Mit Versäumnisurteil hatte die 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Arnsberg die Beklagte daraufhin unter Ordnungsmittelandrohung dazu verurteilt, es zu unterlassen

„im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs handelnd, im elektronischen Geschäftsverkehr Sonnenschirme und das entsprechende Zubehör an Verbraucher zu verkaufen, ohne zutreffend über das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts zu informieren, wenn dies wie folgt geschieht:

[…].“

Nachdem der Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil ohne Erfolg geblieben war, verfolgte die Beklagte im Wege der Berufung die Aufhebung des Versäumnisurteils und die Abweisung der Klage weiter. Im Rahmen dessen stützte sie ihr Vorbringen insbesondere darauf, dass für den Verbraucher anhand der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung deutlich werde, dass dieser sein Widerrufsrecht nach seiner Wahl gegenüber ihr oder der „Y2 GmbH“ ausüben könne.

Entscheidung

Das OLG Hamm weist die zulässige Berufung der Beklagten zurück und bestätigt den von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1, 3a UWG i. V. m. Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und § 4 Abs. 1 EGBGB.

Seine Entscheidung begründet der Senat insbesondere damit, dass die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung den Anforderungen nach Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und § 4 Abs. 1 EGBGB nicht gerecht werde. So müsse nämlich der Unternehmer den Verbraucher nach dieser Vorschrift in klarer und verständlicher Wese über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts informieren. Für den Verbraucher sei anhand der vorliegenden Widerrufsbelehrung nicht erkennbar, dass er wahlweise den Widerruf gegenüber der Beklagten oder gegenüber der „Y2 GmbH“ erklären könne. Das OLG führt aus, dass die Angaben zum Widerrufsempfänger unter Abschnitt „4.1 Widerrufsrecht“ innerhalb der Widerrufsbelehrung daher weder klar noch verständlich, sondern vielmehr widersprüchlich seien.

In diesem Zusammenhang stellt der Senat klar, dass der von der Beklagten vorgetragene Umstand, dass eine Rückabwicklung des jeweiligen Vertrages automatisch über das EDV-System der Internetplattform „Z“ erfolge und dabei unerheblich sei, wer in der Widerrufsbelehrung oder im Muster-Widerrufsformular als Widerrufsempfänger angegeben sei, nicht zur Folge habe, dass der über die Plattform vertreibende Unternehmer von der Einhaltung der in Rede stehenden gesetzlichen Pflichten entbunden sei.

Abschließend stellt das OLG Hamm fest, dass der vorliegende Wettbewerbsverstoß auch spürbar i. S. d. § 3a UWG sei. Würden im Rahmen eines Verstoßes gegen § 3a UWG Informationspflichten verletzt, die auf unionsrechtlichen Regelungen beruhten – wie dies hier der Fall ist -, sei das Spürbarkeitserfordernis stets erfüllt. Ergänzend führt der Senat in dieser Hinsicht aus, dass vorliegend zudem die Gefahr bestehe, dass eine nicht unerhebliche Zahl von Verbrauchern aufgrund der widersprüchlichen Angaben in der Widerrufsbelehrung von der Ausübung des Widerrufsrechts Abstand nehme. So sei davon auszugehen, dass die Verbraucher durch die widersprüchlichen Angaben insbesondere nachhaltig verwirrt seien oder, sofern sie der Ansicht seien, der Widerruf müsse gegenüber beiden angegebenen Empfängern ausgeübt werden, gar den Aufwand einer Ausübung ihres Widerrufsrechts gegenüber beiden Empfängern meiden.

Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 30.11.2017, Az. 4 U 88/17