Löschen heißt nicht überwachen!

Das OLG Hamburg hat mit Beschluss vom 04.10.2017 (Az: 5 W 75/16) entschieden, dass sich aus gerichtlich angeordneten Löschungspflichten hinsichtlich urheberrechtswidriger Online-Inhalte nicht unbedingt Kontroll- und Überwachungspflichten ergeben.

Zum Sachverhalt:

Die Schuldnerin betreibt eine Online-Plattform, auf der User u. a. Inhalte hochladen und anderen Usern zugänglich machen können. In der Vergangenheit hatte die Schuldnerin urheberrechtswidrige Inhalte ihrer Nutzer nicht gelöscht, obwohl die Gläubigerin sie hierauf aufmerksam gemacht hatte. Durch einstweilige Verfügung des LG Hamburg war der Schuldnerin sodann untersagt worden, es Dritten zu ermöglichen, das Musikalbum „L.“ der Künstlerin „A.“ mit den darauf enthaltenen zwölf Tonaufnahmen im Sinne des § 19a UrhG öffentlich zu machen, wie dies unter der URL www.(…) geschehen war. Daraufhin löschte die Schuldnerin die rechtsverletzenden Links. In der Folgezeit wurde dasselbe Musikalbum jedoch erneut von anderen Usern unter anderen URL auf der Plattform der Schuldnerin hochgeladen. Als die Gläubigerin die Schuldnerin hierauf hinwies, löschte die Schuldnerin die jeweiligen Links umgehend. Dennoch verhängte das LG Hamburg auf Antrag der Gläubigerin hin Ordnungsgelder gegen die Schuldnerin, welche daraufhin die sofortige Beschwerde erhob, der das LG Hamburg nicht entsprach.

Zur Entscheidung:

Das OLG Hamburg hat den Ordnungsmittelbeschluss aufgehoben und den Antrag der Gläubigerin zurückgewiesen. Es läge bereits keine Verletzung des im Beschlusstenor enthaltenen Verbotes vor. Beurteilungsmaßstab für das von der Schuldnerin zur Erfolgsabwendung geschuldete Verhalten seien die Handlungspflichten, die sich aus dem Verfügungsbeschluss ergäben. Dieser legt ihr eine Erfolgsabwendungspflicht auf. Welche Maßnahmen die Schuldnerin zu treffen habe, ergebe sich aber nicht aus dem allgemein gehaltenen Beschlusstenor. Den Entscheidungsgründen sei jedoch zu entnehmen, dass der Verbotsausspruch die Schuldnerin als sog. Störerin adressiere und die von Dritten veranlasste weitere öffentliche Zugänglichmachung des Musikalbums trotz eines erfolgten Hinweises auf die gegebene Rechtsverletzung zum Gegenstand habe. Demgegenüber nehme das ausgesprochene Verbot nicht Bezug auf fehlende wirksame Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen zur Verhinderung zukünftiger Rechtsverletzungen. Selbst dem Antrag der Gläubigerin auf Erlass des Verfügungsbeschlusses sei dies nicht zu entnehmen. Vor diesem Hintergrund stelle das im Ordnungsmittelverfahren vorgeworfene Verhalten der Schuldnerin keinen Verstoß gegen das gerichtliche Verbot der Beschlussverfügung dar, da es vorliegend nicht um eine verzögerte oder ganz unterbliebene Sperrung des streitgegenständlichen Musikalbums gehe. Etwa unzureichende Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen zur Verhinderung zukünftiger Rechtsverletzungen seien hiermit nicht gleichzusetzen.

Das Gericht hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen.

Fazit:

Das Urteil verdeutlicht einmal mehr die herausragende Bedeutung des Beschlusstenors im einstweiligen Verfügungsverfahren als Bewertungsmaßstab eines etwaig folgenden Ordnungsmittelverfahrens. In dem Zusammenhang ist es wichtig, den entsprechenden Antrag weder zu eng noch zu weit zu fassen. Wo genau diese „goldene Mitte“ liegt, ist im Einzelfall vor dem Hintergrund aller Gesamtumstände zu bestimmen.