Keine hinreichende Rechtsunsicherheit dank des Bundesfinanzhofes – Zur Verjährung der Umsatzsteuer von Abmahnkosten

Das LG Braunschweig hatte mit Urteil vom 23.05.2018 (Az. 9 O 2167/17) im Kern zu entscheiden, ob bis zu dem Urteil des Bundesfinanzhofes vom 21.12.2016 (vgl. BFH GRUR 2017, 826) eine unübersichtliche oder zweifelhafte Rechtslage hinsichtlich der umsatzsteuerrechtlichen Einordnung von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen vorgelegen hatte.

Der BFH hatte in der vorgenannten Entscheidung statuiert, dass in der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung eines Wettbewerbers aus steuerrechtlicher Perspektive eine entgeltliche und folglich steuerpflichtige Leistung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG zu sehen sei. Das abmahnende Unternehmen werde gegenüber dem Abgemahnten als Geschäftsführer ohne Auftrag im Sinne der §§ 677, 683 BGB tätig und könne auf dieser Grundlage Vergütung seiner Abmahnung unter Berücksichtigung der Umsatzsteuer verlangen.

Sachverhalt

Die Klägerin hatte wegen diverser Wettbewerbsverstöße im September 2016 gegen die Beklagte eine einstweilige Verfügung erwirkt. Daraufhin hatte die Beklagte eine Abschlusserklärung abgegeben und der Klägerin die Nettorechtsanwaltsgebühren gezahlt. Nach der Veröffentlichung des vorgenannten BFH-Urteils forderte die Klägerin die auf die gezahlte Anwaltsgebühr anfallende Umsatzsteuer nebst Zinsen. Die Beklagte erhob u. a. die Einrede der Verjährung.

Entscheidung

Das LG Braunschweig wies die Klage ab, weil der Anspruch auf Zahlung der Umsatzsteuer nebst Zinsen jedenfalls verjährt sei. Für die Verjährung des geltend gemachten Anspruches gelte die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 11 UWG, die bereits zum Zeitpunkt der Klageerhebung abgelaufen sei.

Es habe auch keine Verzögerung der Verjährung vorgelegen. Nach der Rechtsprechung des BGH komme eine solche Verzögerung nur in solchen Ausnahmefällen in Betracht, in denen eine unsichere oder zweifelhafte Rechtslage vorliege. Eine solche habe aber in der maßgeblichen Zeit vor dem BFH-Urteil aus Dezember 2016 nicht vorgelegen. Der BFH habe bei seiner Entscheidung vielmehr an sein Urteil aus dem Jahre 2003 angeknüpft, in dem er die vorstehende Einordnung der Abmahnkosten schon hinsichtlich der Abmahntätigkeit von Verbänden im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG statuiert hatte.

Der Umstand, dass das Urteil des BFH aus dem Jahre 2003 bisher in der Praxis kaum Beachtung fand, stehe dem nicht entgegen.

Das Landgericht hat die Berufung trotz des geringen Streitwertes aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der aufgeworfenen Frage zugelassen.

Fazit

Das LG Braunschweig hat im Ergebnis zu Recht eine Verjährung der Ansprüche angenommen. Der BFH hat bereits 2003 die steuerrechtliche Einordnung der wettbewerbsrechtlichen Abmahntätigkeit hinlänglich geklärt, auch wenn diese Entscheidung nicht die ihm gebührende Beachtung in der Praxis fand.

Dabei ist dieses Urteil nebst dem aus dem Jahre 2016 von enormer praktischer Bedeutung in der Praxis anwaltlicher Abmahnungen. Es ist stets zu berücksichtigen, dass grundsätzlich auf die außergerichtlichen Kosten für wettbewerbsrechtliche Abmahnungen die Umsatzsteuer anfällt. Daher hat das abmahnende Unternehmen dem abgemahnten Unternehmen in der Regel eine umsatzsteuerrechtlich korrekte Rechnung im eigenen Namen zur Verfügung zu stellen. Anderenfalls kann das abgemahnte Unternehmen mitunter ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB geltend machen. Ein abgemahntes Unternehmen sollte stets die verkürzte Verjährungsfrist des § 11 UWG im Auge behalten und ggf. unverzüglich die Einrede der Verjährung erheben.

Für weitere Informationen zur Rechtsprechung des BFH vgl. den Aufsatz Krings/Vander, IP Kompakt 09/2017, Heft 9 S. 17 ff., der online kostenfrei abrufbar ist unter www.bundesanzeiger-verlag.de/fileadmin/Betrifft-Unternehmen/Arbeitshilfen/Fachbeitraege/AbmahnungSteuer.pdf

Quelle: LG Braunschweig, Urteil vom 23.05.2018, Az. 9 O 2167/17