BGH – zur Haftung von Amazon für die Lagerung markenrechtsverletzender Waren

Der BGH hat ein gegen den Amazon-Konzern anhängiges Verfahren wegen Markenrechtsverletzungen durch Amazon-Marketplace-Verkäufer mit Beschluss vom 26.07.2018 (Az. I ZR 20/17) vorläufig ausgesetzt und dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Dabei stellt er dem EuGH die Frage, ob eine Person, die für einen Dritten markenrechtsverletzende Waren lagert, ohne vom Rechtsverstoß Kenntnis zu haben, diese Ware zum Zwecke des Anbietens oder Inverkehrbringens besitzt, wenn nicht sie selbst, sondern allein der Dritte beabsichtigt, die Ware anzubieten oder in Verkehr zu bringen.

Auf der Webseite amazon.de besteht im Bereich des „Amazon-Marketplace“ für Drittanbieter die Möglichkeit, eigene Verkaufsangebote einzustellen. Die Kaufverträge über die so vertriebenen Waren kommen ausschließlich zwischen den Drittanbietern und den Käufern zustande. Durch das Programm „Versand durch Amazon“ ermöglicht der Amazon-Konzern es den Drittanbietern, ihre Waren durch Gesellschaften des Amazon-Konzerns lagern und den Versand über externe Dienstleister durchführen zu lassen. Im vorliegenden Fall machte die Klägerin eine Markenverletzung durch einen solchen Drittanbieter geltend und vertrat die Auffassung, auch die Beklagte zu 3), die zum Amazon-Konzern gehört und ein solches Warenlager betreibt, müsste für die Verletzung der Markenrechte der Klägerin haften.

Der BGH verneint einen faktischen Eigenvertrieb der Beklagten, da sie nicht zur Vertragspartei wird. Der Erfolg der Revision hängt mithin davon ab, ob Art. 9 Abs. 2 Buchst. b GMV und Art. 9 Abs. 3 Buchst. b UMV dahin gehend auszulegen sind, dass eine Person, die ohne Kenntnis von der Markenrechtsverletzung für einen Dritten markenrechtsverletzende Waren lagert, diese Ware zum Zwecke des Anbietens oder Inverkehrbringens besitzt, wenn nicht sie selbst, sondern allein der Dritte beabsichtigt, die Ware anzubieten oder in Verkehr zu bringen.

Nach Auffassung des BGH ist diese Vorlagefrage zu verneinen. Für das Patentrecht ist bereits entschieden, dass das bloße Verwahren oder Befördern patentverletzender Ware durch einen Lagerhalter, Frachtführer oder Spediteur regelmäßig nicht zum Zweck des Anbietens oder Inverkehrbringens im Sinne des § 9 Satz 2 Nr. 1 PatG erfolgt. Es sei nicht gerechtfertigt, die Grenzen der Verantwortung des Besitzers nach § 9 PatG durch eine Zurechnung der Absicht des mittelbaren Besitzers zulasten des unmittelbaren Besitzers zu unterlaufen. Nach Auffassung des Senats ist diese Erwägung auch auf das Markenrecht übertragbar, anderenfalls würden die Grenzen der Verantwortlichkeit des Besitzers überdehnt.

Mit Interesse darf die Entscheidung des EuGH abgewartet werden. Sollte der EuGH – entgegen der Einschätzung des BGH – einen Besitz und damit im Ergebnis auch eine Haftung bejahen, müsste sicherlich das gesamte Konzept der Verkaufsplattform „Amazon Marketplace“ überdacht werden.