BGH zur Einsicht in die Akten eines Patentnichtigkeitsverfahrens

Der BGH stellt in seinem Beschluss „Akteneinsicht XXIII“ nochmals klar, dass den Antragsteller einer Akteneinsicht nur dann eine weitergehende Darlegungslast trifft, wenn eine Partei des Nichtigkeitsverfahrens ein entgegenstehendes schutzwürdiges Interesse darlegt. Die Frage, ob auch einem Dritten (hier: Privatgutachter), dessen Interessen durch die Akteneinsicht berührt werden, ein eigenes Widerspruchsrecht zusteht, bleibt ungeklärt (Beschluss vom 14.02.2018, Az. X ZR 110/17 – Akteneinsicht XXIII).

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH bedarf ein Antrag auf Einsicht in die Akten eines Nichtigkeitsverfahrens in der Regel weder der Geltendmachung eines eigenen berechtigten Interesses seitens des Antragstellers noch der Darlegung, für wen um Akteneinsicht nachgesucht wird. Weitergehendes Vorbringen des Antragstellers kann nur dann erforderlich werden, wenn eine Partei des Nichtigkeitsverfahrens ein entgegenstehendes schutzwürdiges Interesse darlegt.

Im vom BGH zu entscheidenden Fall hatte der Antragsteller, ein Patentanwalt, Einsicht in die Akten eines in zweiter Instanz anhängigen Patentnichtigkeitsverfahrens beantragt. Die Beklagte, die in erster Instanz ein Privatgutachten eingereicht hat, ist dem Antrag entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, der Privatgutachter habe ein schutzwürdiges Interesse daran, dass weder sein Name noch die Tatsache, dass er für die Patentinhaberin ein Gutachten erstellt habe, einem nicht näher benannten Dritten mitgeteilt werde. Dieses Interesse stehe der Einsichtnahme jedenfalls dann entgegen, wenn der Antragsteller nicht mitteile, für wen er den Antrag stelle.

Der BGH hat die Akteneinsicht antragsgemäß gewährt. Die Beklagte habe kein eigenes entgegenstehendes schutzwürdiges Interesse aufzeigt. Nur die Berufung auf ein eigenes Interesse könne eine weitergehende Darlegungslast des Antragstellers auslösen.

Die Frage, ob hieraus zu folgern ist, dass ein Dritter, dessen Interessen durch die Akteneinsicht berührt werden, ein eigenes Widerspruchsrecht hat, konnte der BGH unbeantwortet lassen: Die Beklagte habe nicht aufgezeigt, dass der Privatgutachter einer Einsichtnahme widersprochen habe, ferner ergebe sich nicht aus ihrem Vorbringen, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder sonstige schutzwürdige Interessen des Privatgutachters in einer Weise berührt wären, die die Darlegung eines rechtlichen Interesses seitens des Antragstellers erforderten.

Wer ein Privatgutachten zur Vorlage bei Gericht erstattet, müsse – so der BGH – damit rechnen, dass hiervon alle Personen Kenntnis erlangen, die nach dem Gesetz zur Einsicht in die Akten berechtigt sind. Sein Interesse daran, dass sein Name und der Umstand, dass er im Auftrag einer bestimmten Partei tätig geworden ist, nicht bekannt werden, habe deshalb in der Regel hinter dem in § 98 Abs. 3 und § 31 PatG grundsätzlich für jedermann vorgesehenen Recht auf Akteneinsicht zurückzutreten.

Amtliche Leitsätze:

a) Der Widerspruch einer Partei kann nur dann dazu führen, dass der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an der Einsicht in die Akten eines Patentnichtigkeitsverfahrens darzulegen hat, wenn die widersprechende Partei ein eigenes Interesse aufzeigt, das der Einsichtnahme entgegenstehen kann.

b) Das Interesse eines Privatgutachters daran, dass sein Name und der Umstand, dass er im Auftrag einer bestimmten Partei tätig geworden ist, nicht bekannt werden, hat in der Regel hinter dem in § 98 Abs. 3 und § 31 PatG grundsätzlich für jedermann vorgesehenen Recht auf Akteneinsicht zurückzutreten.

BGH, Beschluss v. 14.02.2018, Az. X ZR 110/17 – Akteneinsicht XXIII