Pflicht zur Verlinkung auf OS-Plattform trifft auch den Online-Händler bei Angeboten auf einem Marketplace

Das OLG Koblenz (Az. 9 W 426/16) hat mit seinem Urteil vom 25.01.2017 entschieden, dass die Pflicht zur Verlinkung auf eine OS-Plattform nicht nur für Unternehmer gilt, die eine eigene Webseite betreiben, sondern auch für solche Unternehmer, die auf einer Handelsplattform ihre Waren oder Dienstleistungen anbieten.

Sachverhalt

Der Verfügungskläger ist ein Interessenverband der Online-Unternehmer. Gemäß seiner Satzung gehört zu seinen Aufgaben u. a. die Unterstützung seiner Mitglieder bei der Herstellung eines fairen Wettbewerbs. Die Verfügungsbeklagte betrieb auf einer Handelsplattform unter dem Namen „x“ einen Internethandel und bot dort insbesondere Zubehörteile für Fahrzeuge und Motorräder an.

Nachdem der Verfügungskläger von verschiedenen Wettbewerbsverstößen durch die Verfügungsbeklagte Kenntnis erlangt hatte, mahnte er diese u. a. wegen des Fehlens eines Links auf die OS-Plattform ab. Die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung lehnte die Verfügungsbeklagte ab, weshalb der Verfügungskläger im Wege des einstweiligen Verfügungsantrags seine geltend gemachten Unterlassungsansprüche weiterverfolgte.

Das mit diesem befasste LG Koblenz hatte dem Unterlassungsbegehren teilweise stattgegeben und eine entsprechende einstweilige Verfügung am 27.04.2016 erlassen. Jedoch wies es den Unterlassungsantrag des Verfügungsklägers,

„im Fernabsatz-Geschäftsverkehr mit dem Endverbraucher auf der Handelsplattform „x“ Kraftfahrzeugzubehör betreffende Angebote zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten,

ohne auf der Website einen für Verbraucher leicht zugänglichen Link zur OS-Plattform einzustellen“,

ab. Hierzu führte es aus, dass Unternehmer diese Pflicht nur auf „ihren Websites“ treffe, nicht aber, wenn sie ihre Angebote auf einem Online-Marktplatz unterhielten und dessen Betreiber selbst zur Einrichtung eines solchen Links verpflichtet sei.

Nachdem das LG der hiergegen gerichteten Beschwerde des Verfügungsklägers nicht abgeholfen hatte, verfolgte dieser sein Unterlassungsbegehren im Wege der Berufung weiter. Die Berufung des Klägers hat Erfolg, das OLG Koblenz spricht diesem den geltend gemachten Unterlassungsanspruch bezüglich des fehlenden Links der Beklagten zur OS-Plattform zu.

Entscheidung

Das OLG Koblenz stellt einen entsprechenden Unterlassungsanspruch hinsichtlich des Fehlen des Links der Verfügungsbeklagten zur OS-Plattform gem. §§ 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3a UWG i. V. m. Art. 14 Abs. 1 S. 1 der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 fest.

Das OLG macht deutlich, dass die Beklagte die Pflicht treffe, in auf der Handelsplattform unterhaltenen Angeboten selbst einen Link auf die OS-Plattform einzustellen. Der Link des Online-Marktplatzes selber reiche hier nicht aus.Die im Januar 2016 in Kraft getretene Verordnung (EU) Nr. 524/2013 (kurz: ODR-Verordnung) verlangt die Einrichtung einer sogenannten OS-Plattform (Plattform für die Online-Streitbeilegung) zur außergerichtlichen Regelung von Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmern bei Online-Käufen. So regelt Art. 14 Abs. 1 S. 1, 2 ODR-Verordnung:

„In der Union niedergelassene Unternehmer, die Online-Kaufverträge oder Online-Dienstleistungsverträge eingehen, und in der Union niedergelassene Online-Marktplätze stellen auf ihren Websites einen Link zur OS-Plattform ein. Dieser Link muss für Verbraucher leicht zugänglich sein.“

Der Senat konstatiert, dass weder dem Verordnungstext noch dem Erwägungsgrund 30 der Verordnung zu entnehmen sei, dass die geregelte Verpflichtung für Online-Unternehmer dann nicht gegeben sei, wenn sie ihre Angebote auf einem Online-Marktplatz unterhielten und dieser Marktplatz bereits selber einen Link aufweise. So lasse sich der Formulierung in Erwägungsgrund 30 insbesondere entnehmen, dass „Online-Markplätze … gleichermaßen …“ und demzufolge nicht nur anstelle der auf ihrem Marktplatz tätigen Unternehmen verpflichtet sein sollen, einen Link zur OS-Plattform bereitzustellen.

Das OLG Koblenz setzt sich im Rahmen seiner Beurteilung mit der bisherigen Rechtsprechung und Literatur auseinander und führt dabei u. a. aus, dass von den Gerichten bisher nicht groß diskutiert worden sei, ob Online-Unternehmer bei dem Einstellen von Angeboten auf einem Online-Marktplatz einen eigenen Link zur OS-Plattform setzen müssten, vielmehr seien verschiedene Gerichte in ihren Entscheidungen ohne weiteres von einer entsprechenden Verpflichtung ausgegangen. Hieraus lasse sich ableiten, dass diese Gerichte bereits grundsätzlich von einer Verpflichtung der Online-Unternehmer zur Setzung eines eigenen Links ausgegangen seien und der Link zur OS-Plattform auf dem jeweiligen Online-Marktplatz selber diese nicht von ihrer Verpflichtung entbinde.

Es macht deutlich, dass es die hiervon abweichende Ansicht des LG Dresden (Urteil vom 16.09.2016, Az. 42 HK O 70/16) daher nicht teile. So habe das LG Dresden den Begriff „Website“ in Art. 14 Abs. 1 ODR-Verordnung zu eng ausgelegt und eher in einem technischen Licht gewürdigt. Sinn und Zweck der ODR-Verordnung sei es, das Vertrauen der Verbraucher in den digitalen Binnenmarkt zu stärken, um so den freien Verkehr von Waren und Dienstleistungen auch im Online-Bereich zu gewährleisten. Bestandteil dessen sei gemäß Erwägungsgrund 2 der ODR-Verordnung ein über die OS-Plattform zur Verfügung gestelltes Streitbeilegungsverfahren. Um dieses nutzen und dessen Existenz bei der Kaufentscheidung berücksichtigen zu können, bedürfe es einer einfach zugänglichen Möglichkeit der Kenntnisnahme der OS-Plattform bei vielen Verbrauchern. Der Senat stellt klar, dass nur eine eigene Verlinkung durch die auf Online-Marktplätzen tätigen Online-Händler gewährleiste, dass Verbraucher auf einfache Weise Kenntnis von dem Streitbeilegungsverfahren nehmen könnten, wenn diese die Angebote des Online-Händlers durchsehen, ohne nach weiterführenden Informationen hinsichtlich des Vertragsabschlusses mit dem entsprechenden Händler auf der Verkaufsplattform des jeweiligen Online-Marktplatzes zu suchen.

Das OLG Koblenz stellt daher im Ergebnis fest, dass die Pflicht zur Verlinkung auf die OS-Plattform daher nicht nur für Unternehmer gelte, die eine eigene Webseite betreiben, sondern auch für solche Unternehmer, die auf einer Verkaufsplattform ihre Waren oder Dienstleistungen anbieten. Da die Verfügungsbeklagte einen entsprechenden Link nicht auf ihren Angebotsseiten auf dem Online-Marktplatz eingefügt habe, handele diese wettbewerbswidrig. So handele es sich bei den in Art. 14 ODR-Verordnung geregelten Informationspflichten um Marktverhaltensregeln i. S. d. § 3a UWG, da sie der Verbreitung der Kenntnis von dem Bestehen der OS-Plattform bei möglichst vielen Verbrauchern und damit deren Interessen als Marktteilnehmer diene. Darüber hinaus sei der Verstoß gegen die in Rede stehende Vorschrift geeignet, die Interessen der Verbraucher spürbar i. S. d. § 3a UWG zu beeinträchtigen.

Anmerkung

Der von dem OLG Koblenz zitierten Entscheidung des LG Dresden folgte in der Berufungsinstanz das Urteil des OLG Dresden (Urteil vom 17.01.2017, Az. 14 U 1462/16), welches acht Tage vor dem hier besprochenen Urteil des OLG Koblenz verkündet wurde. Das OLG Dresden stellte in seinem Urteil divergierend zu der hiesigen Entscheidung fest, dass ein Online-Betreiber, der Angebote auf einem Online-Marktplatz einstelle, nicht nach Art. 14 Abs. 1 S. 1 ODR-Verordnung zusätzlich zum Online-Marktplatz verpflichtet sei, einen Link zur OS-Plattform bereitzustellen.

Demnach sind innerhalb kürzester Zeit konträre Entscheidungen zu der vorliegenden Thematik ergangen, weshalb eine endgültige Klärung nur durch eine Entscheidung des BGH herbeigeführt werden könnte. Jedoch sprechen die Ausführungen des OLG Koblenz in seinem Urteil hinsichtlich des Wortlauts sowie Sinn und Zwecks des Art. 14 ODR-Verordnung und der Erwägungsgründe der ODR-Verordnung für eine Pflicht der Online-Händler, auch im Rahmen des Angebots auf einem Online-Markplatz einen eigenen Link zur OS-Plattform zur Verfügung zu stellen.

Quelle: OLG Koblenz, Urteil vom 25.01.2017, Az. 9 W 426/16