OLG Schleswig – Vorsicht bei der Nutzung fremder Zeichen im Rahmen von Google-AdWords-Kampagnen

Die Buchung von AdWord-Kampagnen beim Suchmaschinenbetreiber Google ist Bestandteil der Marketingstrategie einer Vielzahl von Unternehmen aller Branchen.

In der höchstrichterlichen Rechtsprechung gibt es bereits einige gefestigte Leitlinien, unter welchen Voraussetzungen es dabei zulässig ist, sich der Nutzung einer fremden Marke oder eines fremden Unternehmenskennzeichens zu bedienen, bei dessen Eingabe als Suchbegriff sodann die eigene Werbeanzeige erscheint. Laut einer Pressemitteilung des OLG Schleswig vom 31.03.2017 hat das Obergericht sich nunmehr in einem noch nicht im Volltext veröffentlichten Urteil für eine strenge Haftung des Werbenden für die Nutzung eines fremden Unternehmenskennzeichens im Rahmen einer Google-AdWord-Kampagne ausgesprochen.

Sachverhalt

In dem vom OLG Schleswig zu entscheidenden Fall nutzte der Kläger die gemäß § 5 Abs. 2 MarkenG geschützte geschäftliche Bezeichnung „W… C… T…“. Bei Eingabe des Suchbegriffs „W… C… T…“ bei der Suchmaschine Google erschien eine Anzeige der in derselben Branche tätigen Beklagten, die mit den Worten „Anzeige zu w… c… t…“ überschrieben war.

Entscheidung des OLG Schleswig

Das OLG Schleswig hat entschieden, dass ein Unternehmen, welches eine Google-AdWord-Kampagne schaltet, vom Inhaber eines geschützten Unternehmenskennzeichens auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, wenn bei der Eingabe der geschützten Unternehmensbezeichnung des Dritten als Suchbegriff eine Anzeige des Werbenden erscheint und diese so gestaltet ist, dass das fremde Unternehmenskennzeichen in der Überschrift der Anzeige sichtbar erscheint. Diese Haftung trifft den Werbenden nach der Entscheidung des OLG Schleswig selbst dann, wenn dieser kein mit dem fremden Unternehmenskennzeichen identisches oder ähnliches Schlüsselwort verwendet hat und auch nicht für die Gestaltung der Überschrift seiner Anzeige verantwortlich ist, hiervon jedoch wusste.

Das OLG Schleswig bestätigte in diesem Fall den geltend gemachten Unterlassungsanspruch gemäß §§ 5 Abs. 2, 15 Abs. 4, Abs. 2 MarkenG mit der Begründung, dass nach dem Erscheinungsbild der Anzeige für den durchschnittlichen Internetnutzer nicht erkennbar gewesen sei, ob eine – tatsächlich nicht bestehende – geschäftliche Verbindung zwischen den Beklagten und dem Kläger besteht. Vielmehr erwecke die Überschrift der Anzeige den Eindruck, dass die Anzeige eine solche des Klägers sei.

Unerheblich sei, ob die Überschrift von den Beklagten gewählt oder von Google erstellt wurde, da die Beklagten jedenfalls als Störer verantwortlich seien, als sie in Kenntnis des Umstandes, dass ihre so gestaltete Anzeige bei Eingabe des Suchbegriffs „W… C… T…“ erscheint, nicht eingeschritten sind.

Leitlinien der BGH-Rechtsprechung zu AdWord-Werbung

Damit lässt sich die Entscheidung anhand der bisher veröffentlichten Pressemitteilung auf den ersten Blick nicht eindeutig in die in der Rechtsprechung des BGH gefestigten Orientierungspunkte zur Zulässigkeit der AdWord-Werbung und deren Grenzen eingliedern.

Nachdem der EuGH mit seinen Entscheidungen in den Sachen „Google France“ (Beschluss v. 23.03.10, Rs. C-236/08) und „Bananabay“ (Beschluss v. 26.03.10, Rs. C-91/09) den Grundstein für die Entwicklung der deutschen Rechtsprechung zum Keyword-Advertising gelegt hat, hat der BGH in ständiger Rechtsprechung die Grenzen der grundsätzlich zulässigen Nutzung einer fremden Marke als AdWord aufgezeigt.

Danach stellt die Nutzung des Kennzeichens eines Dritten als AdWord dann keine Markenrechtsverletzung dar, wenn die Anzeige des Werbenden selbst weder das Zeichen des Dritten noch einen sonstigen Hinweis auf den Markeninhaber oder die von diesem angebotenen Produkte enthalte und die Anzeige zudem als solche gekennzeichnet und hinreichend deutlich vom Trefferblock abgesetzt ist.

Eine Markenrechtsverletzung kann nach der Rechtsprechung des BGH nur ausnahmsweise dann angenommen werden, wenn aus der konkret zu beurteilenden Werbung für den Durchschnittsnutzer nur schwer zu erkennen ist, ob der Werbende mit dem Markeninhaber wirtschaftlich verbunden sei, z.B. wenn der Werbende die Unterscheidungskraft einer bekannten Marke ausnutze und Nachahmungen von den Waren des Markeninhabers anbiete oder wenn der Verkehr aufgrund des bekannten weit gefächerten Vertriebssystems des Markeninhabers mit einer Vielzahl von Partnerunternehmen annehmen könne, dass wirtschaftliche Verbindungen zum Markeninhaber vorliegen. In derartigen Fällen könne eine Markenverletzung nur durch die Ergänzung eines ausdrücklichen klarstellenden Hinweises vermieden werden.

Fazit und Praxistipp

Aus der bisher veröffentlichten Kurzfassung der Entscheidungsgründe des OLG Schleswig ergibt sich noch nicht klar, wie die Entscheidung mit den vorstehend skizzierten Leitlinien der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Einklang zu bringen ist. Es bleibt daher abzuwarten, welche tatsächlichen und rechtlichen Gründe für die Haftung sich aus der Veröffentlichung des Volltexts der Entscheidung ergeben.

Das OLG scheint die Verletzung der Herkunftsfunktion des Unternehmenskennzeichens des Klägers hier primär daraus herzuleiten, dass die Überschrift der Anzeige so gefasst war, dass für den durchschnittlichen Internetnutzer nicht klar wurde, ob hier eine Verbindung zwischen dem Werbenden und dem Inhaber des Unternehmenskennzeichens besteht.

Damit zeigt die Entscheidung, dass trotz der vermeintlich bereits klar konturierten Leitlinien der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Zulässigkeit der AdWord-Werbung bei Wahrung der Anforderungen im Einzelfall weiterhin Vorsicht geboten ist.

Eine besondere Haftungsfalle für den Werbenden liegt zudem darin, dass er aufgrund der vom OLG Schleswig bejahten verschuldensunabhängigen Störerhaftung auch dann gegenüber dem Kennzeichenrechtsinhaber haften soll, wenn er selbst die Überschrift seiner Anzeige gar nicht gewählt hat, sondern lediglich nicht gegen diese Gestaltung durch den Suchmaschinenbetreiber eingeschritten ist. Vor diesem Hintergrund ist es den Werbetreibenden zu empfehlen, ihre AdWord-Kampagnen stets sorgfältig darauf zu prüfen, ob durch die konkrete Umsetzung und Gestaltung der Anzeigen möglicherweise die Gefahr besteht, der durchschnittliche Internetnutzer könne fälschlicherweise eine wirtschaftliche Verbindung zum Kennzeichenrechtsinhaber vermuten.

Quelle: Pressemitteilung des OLG Schleswig zu Urteil vom 22.03.2017 (Az. 6 U 29/15)