OLG Frankfurt – Wer zuerst kommt, mahlt nicht immer zuerst: Anspruch auf Löschung einer Domain-Registrierung wegen Verletzung eines Unternehmensnamens

Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass der Inhaber eines zugleich als Namen geschützten fremden Unternehmenskennzeichens einen Anspruch auf Löschung einer gleichlautenden Internet-Domain haben kann.

Der Fall:

In dem vom OLG Frankfurt zu entscheidenden Fall hatte der Beklagte im Jahr 2008 die Internetdomain „a… .de“ registriert und war nach wie vor deren Inhaber. Die Klägerin ist ein am 04.12.2009 gegründetes und am 20.04.2010 ins Handelsregister eingetragenes Unternehmen, welches gleichlautend unter „A… GmbH“ firmiert. Zum damaligen Zeitpunkt war der Beklagte der Gesellschafter und Geschäftsführer der „A… GmbH“.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Löschung des Internet-Domainnamens „a… .de“ aus dem Register des Deutschen Network Information Center (DENIV e.G.) und hatte mit diesem Begehren vor dem OLG Frankfurt Erfolg.

Die Entscheidung:

Nach der Entscheidung des OLG Frankfurt kann die Klägerin den geltend gemachten Anspruch auf Einwilligung in die Löschung auf das gemäß § 12 BGB geschützte Namensrecht an ihrem Unternehmensschlagwort „A…“ stützen. Das Namensrecht gemäß § 12 BGB steht der Klägerin neben ihrem gemäß §§ 5 Abs. 2, 15 MarkenG geschützten Recht am Unternehmenskennzeichen zu. Im Streitfall wurde der Anspruch aus § 12 BGB auch nicht durch die für Unternehmenskennzeichen grundsätzlich vorrangigen Bestimmungen des Markengesetzes verdrängt, da die Klägerin mit der Löschung des Domainnamens eine Rechtsfolge begehrt hat, die aus den kennzeichenrechtlichen Vorschriften nicht hergeleitet werden kann.

Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die Aufrechterhaltung des Domainnamens durch den Beklagten eine unberechtigte Namensanmaßung im Sinne des § 12 Satz 1 Fall 2 BGB darstellt. Eine unberechtigte Namensanmaßung setzt voraus, dass ein Dritter unbefugt den gleichen Namen gebraucht, dadurch eine Zuordnungsverwirrung eintritt und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt werden. Diese Voraussetzungen werden vorliegend bereits durch die bloße Aufrechterhaltung des vor der Unternehmensgründung registrierten Domainnamens erfüllt, da diese zu einer erheblichen Beeinträchtigung der namensrechtlichen Befugnisse führt.

Insofern ist zu berücksichtigen, dass die durch die Registrierung eines Namens als Domainname unter der in Deutschland üblichen Top-Level-Domain „.de“ gebildete Internet-Adresse nur einmal vergeben werden kann, so dass der berechtigte Namensinhaber bereits durch die Registrierung der Domain zugunsten eines Nichtberechtigten von der eigenen Nutzung seines Namens als Domainname unter dieser Top-Level-Domain ausgeschlossen wird. Mit dieser Begründung geht das OLG Frankfurt unter Verweis auf die Rechtsprechung des BGH davon aus, dass bereits durch die bloße Registrierung des Namens eines Dritten als Domainname unter der Top-Level-Domain „de“ zugunsten eines Nichtberechtigten über die Zuordnungsverwirrung hinaus ein besonderes schutzwürdiges Interesse des Namensträgers beeinträchtigt wird.

Vorliegend konnte der Beklagte sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er die Domain bereits vor der Entstehung des Namensrechts der Klägerin registrieren ließ. Da der registrierte Domainname selbst kein absolutes Recht an der Bezeichnung begründet, waren eigene Rechte des Beklagten an dem Zeichen nicht ersichtlich.

Das OLG Frankfurt hat im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung zwar ausdrücklich berücksichtigt, dass durch den Vertragsschluss mit der Registrierungsstelle DENIC e.G. ein relativ wirkendes vertragliches Nutzungsrecht zugunsten des Domaininhabers begründet wird, das diesem ebenso ausschließlich zugewiesen ist wie das Eigentum an einer Sache. Das OLG hat jedoch entscheidend darauf abgestellt, dass die registrierte Domain im Streitfall unstreitig von vornherein für das Unternehmen der Klägerin vorgesehen war, an dessen Gründung der Beklagte beteiligt war. Aus diesem Grund hat der Beklagte im hiesigen Fall jedenfalls durch die Registrierung nicht unabhängig von der Klägerin eine eigene Rechtsposition begründet.

Fazit:

Die Entscheidung zeigt, dass der Grundsatz, wonach schlicht die zeitliche Priorität der Registrierung einer Domain über deren Inhaberschaft entscheidet, im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände durchbrochen werden kann. Insofern hat das OLG Frankfurt vorliegend ausnahmsweise einen Löschungsanspruch aufgrund des zeitlich erst nach der Domainregistrierung entstandenen Unternehmenskennzeichens- und Namensrechts bejaht. Hier wird deutlich, dass bei Domainstreitigkeiten stets eine Abwägung der Interessen der Parteien unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen ist.

Praxistipp:

Im Falle eines Rechtsstreits über die Inhaberschaft an einer „de“-Domain sollte der Anspruchsteller stets bei der DENIC e.G. einen Dispute-Antrag stellen, um zu verhindern, dass die Domain während der Auseinandersetzung auf einen Dritten übertragen werden kann.

OLG Frankfurt, Urteil vom 29.09.2016 – 6 U 187/15