Der Rechtsverletzer trägt die gegnerischen Anwaltskosten des Gestattungsverfahrens

Um bei Urheberrechtsverletzungen im Internet die Identität des Verletzers in Erfahrung bringen zu können, um dann gegen diesen Ansprüche geltend zu machen, hat der verletzte Rechteinhaber die Möglichkeit, von dem Internetzugangsanbieter („Access Provider“), aus dessen Adressbereich die ermittelbare Verletzer-IP-Adresse stammt, nach § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG Auskunft über Anschlussinhaber der ermittelten IP-Adresse zu verlangen. Betrifft der Auskunftsanspruch jedoch Verkehrsdaten, was bei dynamischen IP-Adressen der Fall ist, muss zunächst bei einem Gericht die Gestattung der Herausgabe der Daten beantragt werden (§ 101 Abs. 9 Satz 1 UrhG). Die Kosten der richterlichen Gestattung trägt zunächst der dortige Antragsteller selbst, nicht der zur Auskunft verpflichtete Internetzugangsanbieter (§ 101 Abs. 9 Satz 5 UrhG). In einem späteren Klageverfahren gegen den Verletzer sind diese Kosten gem. § 91 Abs. 1 ZPO vom Rechtsverletzer zu erstatten. Das hat der BGH bereits 2014 entschieden (BGH, Beschluss vom 15.05.2014 – I ZB 71/13, BGH, Beschluss vom 11.12.2014 – I ZB 7/14).

Mit Beschluss vom 26.04.2017 hat der BGH diese Rechtsprechung weiter konkretisiert. Der in seinen Rechten Verletzte kann vom Verletzer nicht nur die gerichtlichen Kosten des Gestattungsverfahrens ersetzt verlangen, sondern auch die Kosten, die ihm durch Zuhilfenahme eines Anwalts entstanden sind. Der BGH betonte, dass es sich bei den Kosten des Gestattungsverfahrens um Kosten zur Vorbereitung eines konkreten Rechtsstreits gegen den Verletzer handelt, die insofern grundsätzlich nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu erstatten sind. Auch die anwaltliche Vertretung im Gestattungsverfahren dient der Vorbereitung eines konkret bevorstehenden Rechtsstreits. Maßgeblich ist – laut BGH –, „ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die kostenauslösende Maßnahme im damaligen Zeitpunkt (ex ante) als sachdienlich ansehen durfte“. Nach diesem Maßstab sei die Einschaltung eines Rechtsanwalts im Gestattungsverfahren als notwendig anzusehen. Dass die Klägerin als Unternehmen hier über eine eigene Rechtsabteilung verfügte, ändere daran nichts, denn die Durchsetzung urheberrechtlicher Ansprüche zähle nicht zu den originären Aufgaben eines Unternehmens. Es steht dem Unternehmen deshalb frei, seine Rechtsabteilung mit der Ermittlung und Anspruchsdurchsetzung zu befassen oder einen externen Rechtsanwalt einzuschalten. Auch der Umstand, dass es sich bei dem Verfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG um ein Massenverfahren nach immer gleichem Schema handelt, ist insoweit nicht maßgeblich.

Anmerkung

Mit der Entscheidung des BGH vom 26.04.2017 dürfte der Umfang der Kostentragung durch den Verletzer hinsichtlich des Gestattungsverfahrens nach § 101 Abs. 9 UrhG nun zumindest dem Grunde nach abschließend geklärt sein. Die Entscheidung ist auf die Gestattungsverfahren nach den Parallelvorschriften in den Gesetzen des Gewerblichen Rechtsschutzes (§ 19 Abs. 9 MarkenG, § 140b Abs. 9 PatG, § 46 Abs. 9 DesignG, § 24b Abs. 9 GebrMG, § 37b Abs. 9 SortSchG) voll übertragbar, die auch dort immer dann ein richterliches Gestattungsverfahren vorsehen, wenn durch die Auskunftserteilung Verkehrsdaten betroffen sind.

Quelle: BGH, Beschluss vom 26.04.2017 – I ZB 41/16