BGH zu Pflichtangaben in Printwerbung für Online-Verkaufsportale

In einem Urteil vom 14.09.2017 (Az. I ZR 231/14 – MeinPaket.de II) hatte sich der BGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob und in welchem Umfang der Betreiber einer Online-Verkaufsplattform auch entsprechende Pflichtangaben im Rahmen von Werbeanzeigen in Printmedien tätigen muss bzw. ob das Fehlen eine Irreführung durch Unterlassen begründen kann.

Sachverhalt:

Die Beklagte betreibt ein Online-Verkaufsportal, auf dem gewerbliche Verkäufer ihre Waren anbieten können, wobei die Beklagte selbst keine Verträge mit den Käufern abschließt. In einer überregionalen Sonntagszeitung schaltete die Beklagte eine ganzseitige Anzeigenwerbung, in der fünf Produkte verschiedener Verkäufer beworben wurden, die ausschließlich auf der Online-Verkaufsplattform erworben werden konnten. Die Informationen zu den verschiedenen Verkäufern waren nicht in der Printwerbung enthalten, konnten jedoch anhand eines dort abgedruckten Bestellcodes auf der Online-Verkaufsplattform unter der Rubrik „Anbieterinformationen“ abgerufen werden. In der Tatsache, dass die genannten Informationen nicht in der Printwerbung selbst enthalten waren, sah der Kläger, ein Wettbewerbsverband, eine unlautere Irreführung durch Unterlassung im Sinne des § 5a UWG und mahnte die Beklagte ab.

Das Berufungsgericht entschied zunächst zugunsten der Beklagten. Im Kern führte es aus, dass die Beklagte nicht zu den entsprechenden Verkäuferinformationen in der Printwerbung verpflichtet gewesen sei. Diese Pflichtangaben müsste der Verbraucher vor der frühestmöglichen geschäftlichen Entscheidung über den Kauf erhalten. Dieser Zeitpunkt sei im vorliegenden Fall jedoch derjenige, in dem der Verbraucher die Ware auf der Online-Verkaufsplattform erwerben könne. An dieser Stelle seien die maßgeblichen Informationen unter der Rubrik „Anbieterinformationen“ jedoch gegeben gewesen.

Entscheidung des BGH:

Der BGH ersuchte zur Vorbereitung seiner Entscheidung zunächst den EuGH um eine Vorabentscheidung zur Auslegung der maßgeblichen europäischen Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken (Beschluss v. 28.01.2016, Az. I ZR 231/14). Unter anderem begehrte der BGH zu wissen, ob die jeweiligen Pflichtangaben bereits in der Printwerbung für konkrete Produkte gemacht werden müssten, auch wenn die Verbraucher die beworbenen Produkte ausschließlich über das Online-Verkaufsportal erwerben könnten und die erforderlichen Informationen hier abrufbar seien.

Der EuGH führte in seiner Entscheidung (Urteil v. 30.03.2017, Az. C-146/16, GRUR 2017, 535 – VSW/DHL Paket) im Wesentlichen aus, dass eine Werbeanzeige wie die des Ausgangsverfahrens als „Aufforderung zum Kauf“ zu werten sei und als solche grundsätzlich den Informationspflichten unterliege. Der Rechtsprechung des EuGH entsprechend, sei der maßgebliche Zeitpunkt für die Bereitstellung der einschlägigen Informationen derjenige, in der der Verbraucher aufgrund dieser Informationen eine „geschäftliche Entscheidung“ treffen könne. Eine solche geschäftliche Entscheidung bestehe jedoch schon in der Wahl, ein Geschäft aufgrund der Werbung zu betreten oder nicht. Der Besuch einer Online-Verkaufsplattform stünde dem gleich. Im Übrigen sei es Aufgabe des jeweiligen Gerichts, im Einzelfall zu entscheiden, ob es aufgrund räumlicher oder zeitlicher Beschränkungen ausnahmsweise gerechtfertigt sei, Angaben zu den Verkäufern nur auf der Online-Verkaufsplattform zur Verfügung zu stellen.

Auf dieser Grundlage ging der BGH zuungunsten der Beklagten im vorliegenden Einzelfall von einer Irreführung durch Unterlassung im Sinne des § 5a UWG aus. Der Verbraucher sei grundsätzlich bereits im Rahmen der Printwerbung über die jeweiligen Verkäufer der beworbenen Produkte zu informieren. Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass der Verbraucher die Online-Verkaufsplattform aufsuche, obwohl er bei Kenntnis des Verkäufers davon abgesehen hätte, sich näher mit dem Angebot zu befassen, z. B. weil der Verkäufer etwa schlechte Bewertungen oder der Verbraucher mit dem Verkäufer konkrete negative Erfahrung gemacht hat. Dies sei vorliegend nicht geschehen. Die Angaben seien im konkreten Fall auch nicht aufgrund räumlicher oder zeitlicher Beschränkungen des Kommunikationsmediums verzichtbar gewesen. Zwar könnten grundsätzlich insbesondere bei Werbeanzeigen in Printmedien für Online-Verkaufsplattformen, die eine große Anzahl von Verkaufsmöglichkeiten bei verschiedenen Verkäufern bewerben, räumliche Beschränkungen bestehen. Solche Beschränkungen lägen im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH auch nicht erst dann vor, wenn die fragliche Informationsangabe objektiv unmöglich sei. Es müsse anhand des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Werbefreiheit des Unternehmers einerseits und der Entscheidung des Gesetzgebers, bestimmte Angaben als wesentlich anzusehen, andererseits bestimmt werden, ob entsprechende Beschränkungen vorlägen. Nach diesen Kriterien könne allerdings bei der streitgegenständlichen Printwerbung, die eine ganze Zeitungsseite fülle und lediglich Produkte von fünf verschiedenen Verkäufern bewerbe, nicht von einer räumlichen Beschränkung ausgegangen werden. Die zusätzlichen Angaben beanspruchten keinen nennenswerten Raum in der Anzeige, sodass die Einschränkung der Werbefreiheit nicht unverhältnismäßig sei.

Fazit:

Es sind nicht immer die fehlenden Pflichtangaben in dem Onlineangebot selbst, die zu Abmahnungen von Wettbewerbern und Verbraucherverbänden führen. Auch innerhalb der Printwerbung sollte die grundsätzliche Pflicht zur Angabe der Verkäuferinformationen beachtet werden. Denn sobald der Verbraucher eine entsprechende Werbung in der Zeitung wahrnimmt, muss er darüber informiert werden, wer der Verkäufer ist, um so entscheiden zu können, ob er sich überhaupt näher mit dem Produkt auseinandersetzen und hierfür den jeweiligen Online-Shop besuchen will. Ob diese Pflicht im konkreten Fall aufgrund räumlicher oder zeitlicher Beschränkung des Werbemediums nicht besteht, sollte stets anhand aller Umstände des Einzelfalls geprüft werden. Hierbei ist jedenfalls Vorsicht geboten, wie das Urteil des BGH zeigt.

Quelle: BGH, Urteil v. 14.09.2017, Az. I ZR 231/14