BGH – Zur Zulässigkeit einer sog. Datenautomatik in Mobilfunkverträgen

Der BGH hat mit Urteil vom 05.10.2017 (Az. III ZR 56/17) entschieden, dass eine Klausel in AGB eines TK-Anbieters, nach der für die Internetznutzung nach Verbrauch des im Tarif enthaltenen Datenvolumens dieses automatisch bis zu drei Mal pro Abrechnungszeitraum um jeweils weitere Datenvolumen zu einem Pauschalpreis erweitert wird (sog. Datenautomatik) und erst nach Verbrauch der Erweiterungen eine unbeschränkte geschwindigkeitsreduzierte Internetnutzung vorgesehen ist, als Leistungsbeschreibung nicht der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB unterliegt.

Sachverhalt

Ein TK-Anbieter wurde wegen Regelungen in seinen Tarifbestimmungen im Zusammenhang mit einer sogenannten Datenautomatik auf Unterlassung in Anspruch genommen. Die vom beklagten TK-Anbieter verwendete Preisliste enthielt folgenden Hinweistext: „Bestandteil des jeweiligen Tarifs ist folgende Datenautomatik: Nach Verbrauch des im Tarif enthaltenen Datenvolumens wird dieses automatisch bis zu 3x pro Abrechnungszeitraum um jeweils 100 MB erweitert. Pro angefangene 100 MB Datenvolumen-Erweiterung fallen weitere Kosten von € 2 an.“ Der Hinweistext enthielt zudem einen Passus, wonach nach Verbrauch des im Tarif enthaltenen Datenvolumens (einschließlich etwaiger gebuchter Erweiterungen) sowie der im Rahmen der Datenautomatik zusätzlich zur Verfügung gestellten Datenmengen bis zum Ende des jeweiligen Abrechnungszeitraums die bis dahin vereinbarte Übertragungsgeschwindigkeit von – je nach Tarif – zwischen 3,6 Mbit/s und 50 Mbit/s auf 32 Kbit/s reduziert.

Auf der Website des beklagten TK-Anbieters wurde in einer tabellarischen Zusammenfassung bei den Tarifen, die eine Datenautomatik vorsehen, unter der Rubrik „Internet“ ein je nach Tarif unterschiedlich hohes Datenvolumen mit der jeweiligen maximalen Transfergeschwindigkeit angegeben. Darunter erschien in blauer Schrift und unterstrichen „+Datenautomatik“. Klickte man hierauf, öffnete sich ein separates Informationsfenster, in dem die Datenautomatik entsprechend den vorgenannten Regelungen textlich und grafisch dargestellt wurde. Auch bei den Informationen zu den einzelnen Tarifen sowie im Rahmen des Bestellvorgangs führte ein Link zu diesem Informationsfenster.
Über die einzelnen Schritte der Datenautomatik wurde der jeweilige Kunde von der Beklagten zudem per SMS informiert: Er erhielt eine SMS, wenn er 80 % des monatlichen Inklusiv-Datenvolumens verbraucht hat. Zudem wurde er über jedes einzelne angefangene zusätzliche Datenpaket per SMS informiert.

Der Kläger hielt die vorgesehen Datenautomatik für unwirksam und vertrat die Auffassung, dass die Berechnung eines zusätzlichen Entgelts für die automatischen Volumenerweiterungen gegen verbraucherschützende Vorschriften verstoße und deshalb unzulässig sei. Er verlangte vom beklagten TK-Anbieter, die Verwendung und Einbeziehung der Klausel sowie die Berechnung eines zusätzlichen Entgelts für die erweiterten Datenvolumen zu unterlassen.

Entscheidung

Der BGH hat die klageweise geltend gemachten Ansprüche im Ergebnis zurückgewiesen und die Datenautomatik des beklagten TK-Anbieters als rechtmäßig eingestuft.

Zutreffend habe das Berufungsgericht angenommen, dass die streitige Klausel eine Leistungsbeschreibung darstelle, die der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2, §§ 308 und 309 BGB nicht unterliege. Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB gelten diese Vorschriften nur für Bestimmungen in AGB, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Klauseln, die Art, Umfang und Güte der vertraglichen Hauptleistung und der hierfür zu bezahlenden Vergütung unmittelbar bestimmen (Leistungsbeschreibungen und Preisvereinbarungen), sind dagegen von der Inhaltskontrolle ausgenommen.

Die Auslegung der Tarifbedingungen des beklagten TK-Anbieters ergebe, dass die von ihm verwendete Regelung zur Datenautomatik eine kontrollfreie Leistungsbeschreibung darstellt. Sie regele unmittelbar Hauptleistungspflichten der Parteien für die Zeit nach Verbrauch des Inklusiv-Datenvolumens. Die streitgegenständlichen Tarife bestünden hinsichtlich der mobilen Internetnutzung aus mehreren aufeinander folgenden Teilen: Einem festen, vom Grundpreis umfassten Inklusiv-Datenvolumen, drei sich nach dessen Verbrauch anschließenden weiteren Datenpaketen zu einem Pauschalpreis von jeweils 2 € und einem nach Erschöpfung auch der zusätzlichen drei Datenvolumen eingreifenden in der Übertragungsmenge unbegrenzten, aber geschwindigkeitsreduzierten Zugang. Dieser Ablauf sei insgesamt von vornherein vereinbart und festgelegt. Lediglich der Übergang von einem Teil zum nächsten sei – wie bei Bezugsverträgen üblich – von dem Verbrauch des jeweils vorangegangenen Datenvolumens abhängig. Zutreffend sei das Berufungsgericht dementsprechend von einer von Anfang an vereinbarten Gesamtleistung bestehend aus Inklusiv-Volumen, Datenmengenerweiterungen und geschwindigkeitsgedrosselter Restnutzung ausgegangen.

Ungeachtet der insoweit AGB-rechtlichen (inhaltlichen) Kontrollfreiheit gelte für die vertraglich vorgesehene Datenautomatik das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 3 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 BGB. Hiernach ist der Verwender von AGB gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen, wobei es auf die Verständnis- und Erkenntnismöglichkeiten eines typischerweise zu erwartenden Durchschnittskunden ankomme. Ein Transparenzproblem konnte der BGH insoweit nicht feststellen. Die umstrittene Klausel zur Datenautomatik sei klar und eindeutig formuliert und aus sich heraus sowie im Kontext der sonstigen Tarifbedingungen für einen Durchschnittskunden gut verständlich. Die Rechte und Pflichten des Kunden im Zusammenhang mit der Datenautomatik seien ohne weiteres durchschaubar.

Anmerkung

Auch wenn das Konzept einer sog. Datenautomatik für Kunden aufgrund der automatisch erfolgenden Zusatzbuchungen oftmals ein Ärgernis darstellt, zeigt die Entscheidung des BGH, dass bei hinreichend transparenter Gestaltung eine solche Automatik durchaus als immanenter Teil eines in sich geschlossenen Tarifkonzepts rechtswirksam vereinbart werden kann. In der Praxis verfolgen vor allem Anbieter mit preisgünstigen Volumenpaketen entsprechende Konzepte, wobei die über die Datenautomatik zusätzlich anfallenden Gebühren dann nicht selten überproportional kostenintensiv gilt. Für den Kunden heißt es einmal mehr: Augen auf!

Quelle: BGH, Urteil vom 05.10.2017 (Az. III ZR 56/17)