BGH – Küchenmaschine

In seinem Urteil „Küchenmaschine“ vom 04.07.2017 (Az.: X ZR 137/15) hat der BGH unter Bezugnahme auf sein Urteil „Kommunikationskanal“ (v. 11.02.2014, Az.: X ZR 107/12) erneut herausgestellt, dass eine unzulässige Erweiterung nicht vorliegt, wenn der Fachmann die im Anspruch bezeichnete technische Lehre den Ursprungsunterlagen unmittelbar und eindeutig als mögliche Ausführungsform der Erfindung entnehmen kann.

Der BGH hatte über die Nichtigkeitsklage gegen den deutschen Teil des – inzwischen wegen Ablaufs der Schutzdauer erloschenen – europäischen Patents 757530 zu entscheiden. Das Patent betraf eine Küchenmaschine mit einem Rührgefäß und einem darin befindlichen angetriebenen Rührwerk.

Die Klägerin hatte das Streitpatent vollumfänglich angegriffen und u. a. geltend gemacht, der Gegenstand des Anspruchs 1 gehe über den Inhalt der Anmeldungsunterlagen in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Während die Küchenmaschine in Patentanspruch 1 nur als allgemein mit einem Einsatzdeckel versehen beansprucht war, sahen die in den Anmeldungsunterlagen beschriebenen Ausführungsbeispiele und der dort entworfene Patentanspruch 3 zusätzlich eine zentrale Großöffnung des Einsatzdeckels vor.

Der Einsatzdeckel, der das Rührgefäß zur Ermöglichung der Zirkulation von Dämpfen und Kondensat nicht vollständig verschließen darf, wirkt mit einem seinerseits mit einem Deckel versehenen Aufsatz bei der patentgemäßen Lösung zusammen. Die beim Garen entstehenden Dämpfe kondensieren (auch) am Aufsatzdeckel und fließen, gegebenenfalls mit Gewürzextrakten oder Saft des Garguts angereichert, über den Einsatzdeckel zurück in das Rührgefäß.

Der BGH bestätigte die Auffassung des BPatG, wonach eine unzulässige Erweiterung nicht vorliege. Der Einsatzdeckel müsse nach dem Inhalt der Anmeldung nicht zwingend eine zentrale Großöffnung aufweisen.
Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH unterliege es, wenn Merkmale eines in der Beschreibung dargestellten Ausführungsbeispiels den durch die Erfindung erstrebten Erfolg sowohl für sich als auch zusammen fördern können, grundsätzlich der Dispositionsbefugnis des Patentinhabers, ob er sein Patent durch die Aufnahme einzelner oder sämtlicher dieser Merkmale beschränken will (u. a. BGH v. 23.01.1990, BGHZ 110, 123 – Spleißkammer). Erforderlich sei insoweit lediglich, dass auch der auf diese Weise beschränkte Gegenstand aus fachmännischer Sicht den Anmeldungsunterlagen als zur Erfindung gehörend zu entnehmen sei.
Für die Beurteilung der hierauf zu untersuchenden Ursprungsoffenbarung gelten die Prinzipien der Neuheitsprüfung. Daher müsse der Fachmann die im Anspruch bezeichnete technische Lehre den Ursprungsunterlagen „unmittelbar und eindeutig“ als mögliche Ausführungsform der Erfindung entnehmen können (BGH v. 11.02.2014, BGHZ 200, 63, Rn. 21 m. w. N. – Kommunikationskanal).

Vorliegend sähen die Ursprungsunterlagen den Einsatzdeckel zwischen Rührgefäß und Aufsatz als fakultative Ergänzung der Küchenmaschine vor, der das Rührgefäß abdeckt und mit einer im Wesentlichen zentralen Großöffnung versehen sei. Dabei sei – so der BGH – für den Fachmann offensichtlich, dass ein solcher Einsatzdeckel das Rührgefäß nicht vollständig oder nahezu vollständig verschließen darf, weil sonst weder der im Rührgefäß erzeugte Dampf in den Aufsatz aufsteigen noch Kondensat in das Rührgefäß zurückfließen könne. Er müsse daher notwendig Öffnungen oder zumindest eine (größere) Öffnung aufweisen. Für den Fachmann sei damit aber auch offensichtlich, dass mit der Entscheidung für einen solchen Einsatzdeckel weder Anzahl noch Ort der Öffnungen vorgegeben seien und der Einsatzdeckel weder zwingend eine Großöffnung aufweise noch eine solche Großöffnung zwingend (im Wesentlichen) zentral angeordnet sein müsse. Es handele sich vielmehr lediglich um vorteilhafte, aber nicht zwingende Ausführungsformen eines für Dampf und Kondensat durchlässigen Einsatzdeckels.

BGH, Urteil v. 04.07.2017, Az.: X ZR 137/15 – Küchenmaschine