OLG Köln Angabe einer Telefon- oder Telefaxnummer des Unternehmers im Fernabsatz nicht zwingend erforderlich

Das OLG Köln hat entschieden, dass die gemäß Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGBGB bei Fernabsatzverträgen zu gewährleistende Information der Verbraucher über Möglichkeiten der Kontaktaufnahme zum Unternehmer im Fernabsatz voraussetzt, dass der Unternehmer dem Verbraucher Möglichkeiten zur Verfügung stellt, die ihm eine schnelle Kontaktaufnahme und effiziente Kommunikation mit dem Unternehmer gewährleisten. Die Angabe einer Telefon- oder Telefaxnummer ist aufgrund dieser Vorschrift jedoch nicht zwingend erforderlich, sofern der Unternehmer die Möglichkeit der schnellen und effizienten Kontaktaufnahme anderweitig, beispielsweise durch eine Rückrufoption, E-Mail oder Chatmöglichkeiten, gewährleistet.

Der Fall:

In dem vom OLG Köln zu entscheidenden Fall hatte ein Verband die Betreiberin eines Online-Shops wegen vermeintlich unzureichender Information über deren Telefon- und Telefaxnummer auf Unterlassung in Anspruch genommen. Die Beklagte blendete in ihrem Online-Shop während des Bestellvorgangs vor Abschluss der Bestellung eine Seite ein, auf der die Schaltfläche „Kontaktieren Sie uns“ angeklickt werden konnte. Darauf öffnete sich eine Seite mit den Auswahloptionen „Schicken Sie uns eine E-Mail“, „Rufen Sie uns an“ oder “Einen Chat beginnen“. Beim Anklicken der Schaltfläche „Rufen Sie uns an“ öffnete sich wiederum eine Seite, auf der die Beklagte die Möglichkeit bietet, von dieser zurückgerufen zu werden. Alternativ wird auf „allgemeine Hilfenummern“ verwiesen.

Der Kläger ist der Ansicht, dass diese bloße Rückrufoption einen Verstoß gegen die Informationspflichten gemäß § 312d Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGBGB darstelle.

Die Entscheidung:

Das OLG Köln hat entschieden, dass die Ausgestaltung des Bestellvorgangs durch die Beklagte nicht gegen § 312d Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGBGB verstößt, da diese Vorschrift richtlinienkonform im Sinne von Art. 6 Abs. 1 RL 2011/83/EU (Verbraucherrechtsrichtlinie) auszulegen sei.

Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGBG normiert Informationspflichten bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen (mit Ausnahme von Verträgen über Finanzdienstleistungen) und schreibt vor, dass der Unternehmer dem Verbraucher seine Identität, beispielsweise seinen Handelsnamen, sowie die Anschrift des Ortes, an dem er niedergelassen ist, seine Telefonnummer und gegebenenfalls seine Telefaxnummer und E-Mail-Adresse sowie gegebenenfalls die Anschrift und die Identität des Unternehmers, in dessen Auftrag er handelt, zur Verfügung zu stellen hat.

Durch die Bestimmung wird Art. 6 Abs. 1 der Verbraucherrechtsrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt. Nach dieser Richtlinie sind bei Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen unter anderem folgende Informationen zur Verfügung zu stellen: die Identität des Unternehmers, beispielsweise sein Handelsnamen, sowie die Anschrift des Ortes, an dem der Unternehmer niedergelassen ist, und gegebenenfalls seine Telefonnummer, Telefaxnummer und E-Mail-Adresse, damit der Verbraucher schnell Kontakt zu ihm aufnehmen und effizient mit ihm kommunizieren kann, sowie gegebenenfalls die Anschrift und die Identität des Unternehmers, in dessen Auftrag er handelt.

Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGBGB weicht daher insoweit von Art. 6 Abs. 1 Verbraucherrechtsrichtlinie ab, als nach dem Wortlaut des Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGBGB die Telefonnummer immer anzugeben ist, Telefaxnummer und E-Mail-Adresse dagegen nur „gegebenenfalls“. Darüber hinaus ist das von der Richtlinie vorgesehene Erfordernis einer schnellen Kontaktaufnahme und effizienten Kommunikation vom deutschen Gesetzestext nicht übernommen worden.

Das OLG Köln ist insofern der Auffassung, dass sich im Europarecht zwei Typen von Informationspflichten unterscheiden lassen: solche, die primär die Identifikation des Unternehmers erlauben sollen, und solche, die vorrangig die Kontaktaufnahme und die Kommunikation mit dem Unternehmer bezwecken.

Für den zweiten Typ gelte, dass die Angabe einer Telefonnummer fakultativ ist, sofern eine schnelle Kontaktaufnahme und effiziente Kommunikation anderweitig gewährleistet ist. Insofern könne und müsse die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs betreffend die Auslegung des entsprechend gestalteten Art. 5 Abs. 1 c) der Richtlinie 2000/31/EG (e-commerce-Richtlinie) auch auf die hier in Rede stehenden Normen übertragen werden (EuGH NJW 2008, 3533, Tz. 40).

Diesen Anforderungen an eine schnelle Kontaktaufnahme und effiziente Kommunikation genüge die Beklagte mit ihrem Rückrufsystem und den weiteren vorgesehenen Möglichkeiten, per Chat oder E-Mail mit ihr Kontakt aufzunehmen. Insbesondere habe der Kläger nicht dem Vortrag der Beklagten widersprochen, wonach deren Auswahlmöglichkeiten sich in der Sache nicht von denen unterscheiden, die auch bei einer telefonischen Hotline abgefragt würden, bis die Verbindung mit einem Mitarbeiter hergestellt werde. Unwidersprochen sei auch der Vortrag der Beklagten geblieben, dass ihr Kommunikationssystem bei Vergleichstests deutlich besser abgeschnitten habe als die anderer Unternehmen, die konventionelle Hotlines für ihren Kundenservice verwenden.

Fazit:

Der Unternehmer ist verpflichtet, dem Verbraucher im Fernabsatzverkehr Mittel zur Verfügung zu stellen, die ihm erlauben, schnell Kontakt zum Unternehmer aufzunehmen und effizient mit ihm zu kommunizieren. Nach der Auffassung des OLG Köln erfordert dies jedoch nicht zwingend die Angabe einer Telefon- und Telefaxnummer, sondern kann auch durch andere schnelle und effektive Kommunikationswege, wie beispielsweise eine auf der Homepage zu aktivierende Rückruffunktion gewährleistet werden.

Online-Shop-Betreiber sollten jedoch bei der Ausgestaltung der Kommunikationsmöglichkeiten berücksichtigen, dass die Entscheidung des OLG Köln noch nicht rechtskräftig ist. Die vom OLG zugelassene Revision ist derzeit unter dem Aktenzeichen I ZR 163/16 beim BGH anhängig, so dass vor der endgültigen Klärung dieser Rechtsfrage durch den BGH noch ein gewisses Restrisiko verbleibt.

OLG Köln, Urteil vom 8. Juli 2016 – 6 U 180/15