LG Berlin – Reine Einbindung von Widerrufsbelehrung in AGB von Online-Shops kann unzureichend sein

Das LG Berlin hat mit Urteil vom 20.10.2015, Az. 103 O 80/15 entschieden, dass es zur Sicherstellung eines rechtskonformen Hinweises auf das fernabsatzrechtliche Widerrufsrecht nicht ausreicht, wenn im Bestellprozess lediglich mithilfe der Bezeichnung „AGB“ auf die AGB verlinkt wird, in der sich auch eine Widerrufsbelehrung befindet.

Sachverhalt

Die Beklagte hatte eine Widerrufsbelehrung in ihre AGB integriert. Im Bestellverlauf musste der Kunde zwingend den folgenden Hinweis per Ankreuzverfahren bestätigen: „Ich stimme den AGB und der Dienstleistungsbelehrung von […] zu.“ Ein zusätzlicher Hinweis bzw. Link mit der Bezeichnung „Widerrufsbelehrung“ war nicht vorgesehen.

Entscheidung

Das LG Berlin beanstandete diese Art der Darstellung bzw. eines – lediglich indirekten – Hinweises auf das fernabsatzrechtliche Widerrufsrecht als unzureichend.

Gemäß Art. 246a § 4 Abs. 1 EGBGB müssten die Informationen über das Widerrufsrecht dem Verbraucher in klarer und verständlicher Weise zur Verfügung gestellt werden. Dazu gehöre, dass die Widerrufsbelehrung in klarer und verständlicher Sprache gefasst werde. Dies könne bei Verwendung der Muster-Widerrufsbelehrung angenommen werden. Erforderlich sei aber auch eine klare und verständliche Darstellung der Informationen auf dem jeweiligen Medium. Dazu gehöre, dass der Verbraucher ohne weiteres erkennen könne, dass und wo die Widerrufsbelehrung zur Kenntnis genommen werden kann. Es genüge nicht, dass der Käufer, der bereits um sein Widerrufsrecht wisse, „mit mehr oder weniger Fantasie“ in der Lage sei, auf der Internetseite hierüber Näheres in Erfahrung zu bringen. Die Widerrufsbelehrung habe vielmehr auch den Zweck, den Käufer darüber zu informieren, dass ihm überhaupt ein Widerrufsrecht zusteht. Diesen Zweck könne ein Link nur erfüllen, wenn seine Kennzeichnung bereits erkennen lasse, dass Informationen über ein Widerrufsrecht aufgerufen werden können.

Ohne Erfolg verweise die Beklagte darauf, dass der Verbraucher, der ihre Dienstleistungen in Anspruch nehmen wollte, zwingend das Kästchen „Ich stimme den AGB und der Dienstleistungsbelehrung von […] zu“ anklicken müsse. Es sei gerichtsbekannt, dass die Mehrzahl der Internetnutzer solche Kästchen anklickten, ohne die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Kenntnis zu nehmen.

Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass auch andere Versandhändler Widerrufsbelehrungen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorhalten. Dies sei nicht grundsätzlich unzulässig und werde vom Kläger auch nicht als solches beanstandet. Erforderlich sei lediglich, dass sich im Rahmen des Bestellvorganges ein klarer Hinweis darauf finde, dass die Widerrufsbelehrung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten ist und der Verbraucher diese ohne weiteres aufrufen kann, etwa durch einen Link, der direkt zur entsprechenden Passage in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen führt.

Anmerkung

Die Entscheidung des LG Berlin erscheint konsequent und differenziert zutreffend zwischen der grundsätzlich wohl bestehenden Möglichkeit zur Einbindung einer Widerrufsbelehrung in Allgemeine Geschäftsbedingungen und der davon losgelösten Frage, ob der Verbraucher vor Vertragsschluss nach Maßgabe von Art. 246a § 4 Abs. 1 EGBGB in einer dem Fernkommunikationsmittel entsprechenden Art und Weise klar und verständlich über ein Widerrufsrecht informiert wurde.

Die Einbindung einer Widerrufsbelehrung in Allgemeine Geschäftsbedingungen ist zwar auch nach dem Mitte 2014 reformierten Fernabsatzrecht zulässig. Diese Art der Einbindung entbindet Online-Händler jedoch nicht von der Notwendigkeit, Verbraucher klar und deutlich auf das in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltende Widerrufsrecht im Rahmen des Bestellvorgangs hinzuweisen. Von Versuchen, das Widerrufsrecht durch schlichte und im Übrigen nicht offengelegte Einbindung in AGB zu „verstecken“, sollte Abstand genommen werden.

Vergleichsweise einfach umsetzbar sind die vorgenannten Anforderungen durch einen Hinweis während des Bestellvorgangs, der schlicht die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und zusätzlich die Widerrufsbelehrung als solche erwähnt bzw. verlinkt (bestenfalls mit dynamischem Link unmittelbar in den betreffenden Abschnitt der AGB über das Widerrufsrecht), z.B. „Es gelten unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Dort finden Sie auch unsere Widerrufsbelehrung.“