BGH zur Haftung des Anschlussinhabers für Filesharing

Der BGH hatte sich gleich in mehreren Verfahren erneut mit der Haftung von Anschlussinhabern für Filesharing zu befassen. Dabei wurde auch eine Entscheidung zur Bemessung der Höhe von Abmahnkosten getroffen.

Zur Verantwortung des Anschlussinhabers

Die Beklagte in dem Verfahren I ZR 86/15 ist Inhaberin eines Internetanschlusses und wird von der Klägerin als Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte an dem Film „Silver Linings Playbook“ wegen dessen öffentlicher Zugänglichmachung auf Ersatz der Abmahn-kosten in Anspruch genommen. Die Beklagte hatte zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung Besuch von ihrer in Australien lebenden Nichte und deren Lebensgefährten. Diesen hatte sie das WLAN-Passwort überlassen. Die Nichte und ihr Lebensgefährte machten daraufhin den Film öffentlich zugänglich. Der BGH hat die Klage entgegen der Entscheidung der Vorinstanz abgewiesen. Denn als Haftungsgrund komme nur die Tatsache in Betracht, dass die Beklagte ihren Besuch nicht über die Rechtswidrigkeit der Teilnahme an Internet-Tauschbörsen aufgeklärt habe. Jedoch sei eine solche Belehrung ohne konkrete Anhaltspunkte für eine Rechtsverletzung nicht zumutbar. Den Inhaber eines Internetanschlusses, der volljährigen Besuchern den Zugang zum Internet ermögliche, treffe ohne konkreten Anlass keine Belehrungs- oder Überwachungspflicht.

In dem Verfahren I ZR 48/15 wurde der Beklagte als Inhaber eines Internetanschlusses von den Klägerinnen wegen der öffentlichen Zugänglichmachung von 809 Audiodateien auf Schadensersatz sowie auf Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch genommen. Zu seiner Verteidigung verwies der Beklagte darauf, dass auch seine Ehefrau sowie seine zum Verletzungszeitpunkt 15 und 17 Jahre alten Kinder Zugriff auf die im Haushalt genutzten Computer gehabt hätten. Diese bloße Möglichkeit der Begehung durch andere Personen reiche jedoch nicht aus, um die Haftung des Anschlussinhabers abzulehnen. Vielmehr bedürfe es eines konkreten Nachweises, dass die Verletzung durch eine andere Person begangen wurde, der dem Beklagten vorliegend jedoch nicht gelungen sei.

Zur Bemessung der Höhe der Abmahnkosten

Weiterhin äußerte sich der BGH im Rahmen mehrerer Verfahren zur Bemessung der Höhe der vorgerichtlichen Abmahnkosten (I ZR 272/14, I ZR 1/15, I ZR 44/15, I ZR 43/15). Die Vorinstanzen hätten zu Unrecht angenommen, der Gegenstandswert der vorgerichtlichen Abmahnung belaufe sich stets auf das Doppelte des anzunehmenden Lizenzschadens. Er sei in den vorliegenden Fällen vielmehr nach dem Interesse der Kläger an der Unterbindung künftiger Rechtsverletzung zu bestimmen. Dabei seien alle relevanten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Eine schematische Bemessung des Gegenstandswertes werde dem Umstand nicht gerecht, dass die Bereitstellung eines Werkes in einer Tauschbörse nicht nur dessen Lizenzierung, sondern auch die kommerzielle Auswertung insgesamt zu beeinträchtigen drohe. Dazu seien tatsächliche Feststellungen zum wirtschaftlichen Wert des verletzten Rechts, zur Aktualität und Popularität des Werks, zur Intensität und Dauer der Rechtsverletzung sowie zu subjektiven Umständen des Verletzers erforderlich, die von der Vorinstanz nicht getroffen worden sind.

Anmerkung

Nachdem der BGH bereits in vorausgegangenen Urteilen entschieden hatte, dass der Inhaber eines Internetanschlusses nicht per se für Rechtsverletzungen volljähriger Familienmitglieder bzw. Mitbewohner hafte, verfolgt er mit der Entscheidung I ZR 86/15 in Bezug auf Besucher seine Linie zur Einschränkung der Störerhaftung weiter. Da bisher allerdings lediglich die Pressemitteilung des BGH vorliegt, bleibt bezüglich näherer Einzelheiten die Veröffentlichung der Urteilsgründe abzuwarten.