BGH – Notarielle Unterlassungserklärung

Der BGH hat im Rahmen einer lauterkeitsrechtlichen Streitigkeit entschieden (Urt. v. 21.04.2016 – I ZR 100/15), dass eine notarielle Unterlassungserklärung nebst Unterwerfung das Rechtsschutzbedürfnis für die gerichtliche Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen nicht entfallen lässt.

Sachverhalt

Der BGH-Entscheidung lag eine lauterkeitsrechtliche Auseinandersetzung zugrunde, in deren Verlauf der Unterlassungsschuldner dem Unterlassungsgläubiger nach erfolgter Abmahnung eine notarielle Unterlassungserklärung übermittelte und sich der Zwangsvollstreckung unterwarf. Der Unterlassungsgläubiger beantragte ungeachtet erfolgter Unterwerfung den Erlass einer einstweiligen Verfügung, welche antragsgemäß erlassen wurde. Im Nachgang dazu wurde ein Antrag des Unterlassungsgläubigers auf Androhung von Zwangsmitteln gemäß § 890 Abs. 2 ZPO erlassen, woraufhin der Unterlassungsgläubiger im laufenden Hauptsacheverfahren (der Unterlassungsschuldner hatte Erhebung der Hauptsacheklage verlangt) den Unterlassungsantrag für erledigt erklärte.

Die Parteien stritten im wesentlichen Kern um die Frage, ob bereits die Abgabe und Zustellung der notariellen Unterlassungserklärung eine lauterkeitsrechtlich relevante Wiederholungsgefahr entfallen lassen hat und damit insoweit kein Rechtsschutzbedürfnis des Unterlassungsgläubigers im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bzw. des Hauptsacheverfahren mehr bestand.

Entscheidung

Der BGH setzte sich intensiv mit der kontrovers diskutierten Frage auseinander, ob die Errichtung einer notariellen Unterlassungserklärung und ihr Zugang beim Gläubiger bereits das Rechtsschutzbedürfnis für die gerichtliche Rechtsverfolgung beseitige kann. Zum Teil wird vertreten, dass bereits die Zustellung einer vollstreckbaren Ausfertigung der notariellen Unterwerfungserklärung das Rechtsschutzbedürfnis entfallen lasse, sofern der Schuldner den Gläubiger auf das Erfordernis einer Ordnungsmittelandrohung nach § 890 Abs. 2 ZPO hinweise. Nach anderer Auffassung lässt die notarielle Unterlassungserklärung bis zur Zustellung eines solchen Androhungsbeschlusses das Rechtsschutzbedürfnis unberührt, da der Schuldner in der Zwischenzeit gegen die Unterlassungspflicht verstoßen könne, ohne mit einer Verhängung von Ordnungsmitteln rechnen zu müssen. Darüber hinaus finden sich Stimmen, wonach die Gleichwertigkeit der notariellen Unterwerfung für den Fall angezweifelt wird, dass das Ordnungsmittelverfahren nicht beim Landgericht, sondern bei analoger Anwendung von § 797 Abs. 3 ZPO beim Amtsgericht am Ort des beurkundenden Notars durchzuführen sei.

Im Ergebnis hat sich der BGH der Ansicht angeschlossen, wonach die notarielle Unterlassungserklärung bis zur Zustellung eines Androhungsbeschlusses das Rechtsschutzbedürfnis unberührt lassen soll. Solange aus einer notariell beurkundeten Unterlassungserklärung mangels Zustellung eines Androhungsbeschlusses oder Ablaufs der Wartefrist nicht vollstreckt werden könne, verfüge der Gläubiger nicht über eine dem gerichtlichen Titel in der Hauptsache gleichwertige Vollstreckungsmöglichkeit, da es im Hinblick auf etwaige zwischenzeitliche Verstöße des Schuldners an der effektiven Sicherung der Unterlassungspflicht fehle.

Habe der Gläubiger einen gerichtlichen Unterlassungstitel erstritten, sei i.d.R. davon auszugehen, dass er diesen auch durchsetzen werde, so dass die Annahme des Wegfalls der Wiederholungsgefahr auch gegenüber Dritten gerechtfertigt sei. Gleiches gelte wegen des Anreizes zur Durchsetzung einer verwirkten Vertragsstrafe bei einer strafbewehrten Unterwerfungserklärung. Bei der notariellen Unterlassungserklärung fehle es hingegen an entsprechenden Indizien für die Verfolgungsbereitschaft des Gläubigers. Erst wenn er den von ihm erwirkten Androhungsbeschluss habe zustellen lassen, könne angenommen werden, dass er das Unterlassungsgebot auch durchsetzen werde.

Anmerkung

Die Entscheidung des BGH dürfte die Strategie notarieller Unterlassungserklärungen im wettbewerblichen Kontext an ein Ende geführt haben. Vor dem Hintergrund, dass es der Unterlassungsgläubiger selbst in der Hand hat, einer notariellen Unterlassungserklärung Verbindlichkeit zu verleihen oder aber Rechtsschutz im Klagewege zu suchen, kann sich ein Unterlassungsschuldner nicht sicher sein, dass eine bestehende Wiederholungsgefahr bei Abgabe einer notariellen Unterlassungserklärung und entsprechender Unterwerfung verbindlich ausgeschlossen wird.