Stolperfalle Formschriften – Ausschluss wegen eingescannter Unterschrift

In Vergabeverfahren investieren Bieter viel Zeit in die Vorbereitung der Angebotsunterlagen. Ein Projektteam wird zusammengestellt, Referenzen werden ausgewählt und alle erforderlichen Unterlagen werden zusammengestellt. Wenn dann alles fertig ist, sollten die Unterlagen vor dem Abschicken gezielt daraufhin überprüft werden, ob alle Formvorschriften eingehalten sind. Andernfalls könnte es später eine böse Überraschung geben: Der Bieter wird ausgeschlossen, und zwar nicht etwa, weil er für den Auftrag ungeeignet ist, sondern weil das Angebot beispielsweise nicht eigenhändig unterschrieben wurde.

Entscheidung

Ein solcher Fall lag der Entscheidung der Vergabekammer Bund vom 17.01.2018 (Az. VK 2 – 154/17) zugrunde. Ursprünglich stritten Bieter und Auftraggeber um die Frage, ob der Bieter wegen englischsprachiger Angaben im Formblatt ausgeschlossen werden könne und ob der Auftraggeber Übersetzungen nachfordern müsse. Auf all dies kam es im Vergabeverfahren plötzlich nicht mehr an. Der Auftraggeber monierte erstmals, dass der Bieter bereits deshalb auszuschließen sei, weil sein Angebot gegen die geforderte Schriftform verstoße und er bekam Recht!

Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 VOB/A-EU i. V. m. § 126 Abs. 1 BGB müssen schriftliche Angebote eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet sein. Der Normzweck der Schriftform ist die Feststellung der Identität des Verfassers, der Urheberschaft des Angebots sowie seiner Echtheit. Dieser könne durch eine kopierte oder eingescannte Unterschrift nicht erfüllt werden. Daher war der Bieter zu Recht – wenn auch ursprünglich aus anderen Gründen – ausgeschlossen worden.

Eine Nachforderung der eigenhändigen Unterschrift erachtete die Vergabekammer rechtlich als unmöglich, da sich die Nachforderungsmöglichkeit in § 16a Satz 1 VOB/A-EU nur auf fehlende Erklärungen und Nachweise bei Angeboten bezieht.

Der Auftraggeber war keine zentrale Beschaffungsstelle im Sinne von § 120 Abs. 4 GWB. Daher durfte er nach § 23 VOB/A-EU während der Übergangsfrist bis zur Einführung des elektronischen Vergabeverfahrens bis zum 18.10.2018 vorgeben, dass Angebote schriftlich und nicht elektronisch in Textform einzureichen sind.

Fazit

In Vergabeverfahren kann ein Bieter über vermeintlich unwichtige Formvorschriften stolpern, auch wenn er inhaltlich das beste Angebot abgegeben hat. So war im vorliegenden Fall der Preis das einzige Zuschlagskriterium und der Bieter hatte im Vergleich zum Wettbewerber das günstigere Angebot. Der Fall zeigt, wie wichtig die Einhaltung von Formvorschriften im Vergabeverfahren ist. Ein Nachfordern oder Nachreichen einer Originalunterschrift ist später nicht möglich!