Kein Verzicht auf Schadenersatzansprüche wegen Streichung im Abnahmeprotokoll!

Das Oberlandesgericht Köln hat sich in seinem Urteil vom 10.11.2016 ( Az. 7 U 97/15) u. a. mit der Frage befasst, welche Auswirkungen sich auf Schadenersatzansprüche eines Auftraggebers ergeben, wenn bei der Abnahme im Abnahmeprotokoll der Passus „Alle Mängelansprüche und Schadenersatzansprüche des Auftraggebers bleiben unberührt.“ durch Streichung in „Alle Mängelansprüche des Auftraggebers bleiben unberührt.“ geändert wird. Das Oberlandesgericht Köln hat entschieden, dass hierin kein Verzicht des Auftraggebers auf Schadensersatzansprüche wegen Baumängeln liege. Im Einzelnen:

Der Fall:

Nach vorangegangener Ausschreibung beauftragte das klagende Land, vertreten durch den Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (hier „BLB“ genannt), unter Einbeziehung der VOB/B die Beklagte mit dem schlüsselfertigen Neubau eines Klinikgebäudes. Im Verfahren klagte das Land einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte gemäß § 13 Abs. 7 Nr. 3 VOB/B i. V. m. § 133 UmwG wegen Mängeln betreffend Fliesenarbeiten ein. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen mit Urteil vom 16.06.2015, vornehmlich mit der Erwägung, dass durch Vereinbarung in zwei Abnahmeprotokollen Schadensersatzansprüche abbedungen seien. In den Protokollen war der Passus „Alle Mängelansprüche und Schadenersatzansprüche des Auftraggebers bleiben unberührt.“ geändert worden in „Alle Mängelansprüche des Auftraggebers bleiben unberührt.“. Gegen das Urteil des Landgerichts legte das klagende Land Berufung ein. Das Oberlandesgericht Köln gab der Berufung statt.

Die Entscheidung:

Nach der Auffassung des Oberlandesgerichts Köln ist die Begründung des Landgerichts hinsichtlich der Rechtswirkungen der (geänderten) Abnahmeprotokolle unzutreffend und verkennt den Kern des Parteivorbringens. Das klagende Land rüge mit Recht, das Landgericht habe die Darlegungslast verkannt. Von einem Verfahrensfehler sei daher auszugehen.

In ihren Vertrag haben die Parteien die VOB/B wirksam einbezogen, so dass das klagende Land Mängelrechte gemäß VOB/B einschließlich eines Schadenersatzanspruches hatte. Die Beklagte hat sich darauf berufen, dass durch die Streichung in den Abnahmeprotokollen vom 17.06.2009 bzw. vom 17.07.2009 vereinbart worden sei, Schadenersatzansprüche des Landes auszuschließen. Da sich die Beklagte damit auf eine nachträgliche Abänderung des ursprünglichen Bauvertrages in diesem Punkt beruft, trägt sie hierfür die Darlegungslast. Das Vorbringen der Beklagtenseite reicht jedoch nicht aus, eine nachträgliche Abänderung des Bauvertrages zu begründen.

Wenn auch die Streichung der „Schadenersatzansprüche“ einvernehmlich vor Ort vorgenommen worden sei, so stelle dies jedoch keinen für einen nachträglichen Ausschluss der Schadenersatzansprüche ausreichenden Sachvortrag dar, so das Oberlandesgericht. Ein Verzicht auf Schadenersatzansprüche müsse immer eindeutig erfolgen. Bereits dies ist hier nach Auffassung des Oberlandesgerichts nicht der Fall. So stellt das Oberlandesgericht u. a. klar, dass sich die Überschrift in § 13 VOB/B über „Mängelansprüche“ verhält. § 13 VOB/B habe aber auch Schadenersatzansprüche zum Gegenstand. Demgemäß könnten Schadensersatzansprüche von der Formulierung „Mängelansprüche“ durchaus umfasst sein. Aus dem Inhalt der Abnahmeprotokolle lasse sich also keine tatsächliche Vermutung für die beklagtenseits behauptete Vereinbarung herleiten.

Zudem erörtert das Oberlandesgericht, dass der Vorbehalt von Schadenersatzansprüchen in vorformulierten Abnahmeprotokollen überflüssig sei. Verschuldensabhängige Ansprüche auf Schadenersatz bleiben stets auch ohne Vorbehalt in Abnahmeprotokollen erhalten, im Gegensatz zu verschuldensunabhängigen Mängelrechten, also Nachbesserung, Kostenerstattung und Vorschuss, Minderung und Rücktritt. Diese Mängelrechte verliert der Auftraggeber, wenn die Rüge von ihm bekannten Mängeln in Abnahmeprotokollen unterbleibt. Da der Vorbehalt von Schadenersatzansprüchen in vorformulierten Abnahmeprotokollen überflüssig ist, kann aus der Streichung eines solchen Vorbehalts auch nicht geschlossen werden, dass der Auftraggeber auf Schadenersatzansprüche verzichten wolle. Auftraggeber verlieren mithin durch eine solche Streichung in einem Abnahmeprotokoll nicht ihre Ansprüche auf Schadenersatz.